Manchmal könne sie buchstäblich mit Händen greifen, dass das Publikum, sobald sie auf die Bühne tritt, sich fragt, was dieser Grünschnabel dort oben zu suchen hat und wann wohl endlich die richtigen Musiker zu erscheinen gedenken, verriet Hiromi Uehara, wie sie bürgerlich heißt, der britischen Tageszeitung The Guardian. Bei selber Gelegenheit erklärte sie ihre markante Haartracht damit, dass sie, als sie 1999 zum Studium am Berklee College Of Music in Boston, Massachusetts in die USA kam, feststellen musste, Menschen im Westen glauben wirklich, Asiaten sehen alle gleich aus. Nach einem Auftritt habe ein begeisterter Konzertbesucher nicht ihr, sondern einer ihrer asiatischen Begleiterinnen seine Bewunderung ausgedrückt. Dank der meist hochgesteckten Strubbelfrisur kann sie sich von jedem anderen im Raum unterscheiden.
Geboren wird Hiromi 1979 in Hamamatsu, einer Industriemetropole knapp dreihundert Kilometer südwestlich von Tokyo und Hauptsitz des Automobilbauers beziehungsweise der Musikinstrumentenhersteller Suzuki sowie Roland und Yamaha. Ab dem sechsten Lebensjahr bekommt sie Klavierunterricht, findet durch ihren Klavierlehrer zum Jazz, wird mit vierzehn vom Czech Philharmonic Orchestra als Solistin verpflichtet, kann mit siebzehn Chick Corea auf sich aufmerksam machen und einen Konzertauftritt an seiner Seite absolvieren. Übergangsweise arbeitet Hiromi in der Werbebranche, eine ihrer Musiken nutzt Nissan für einen Werbespot mit Mr. Bean als Werbeträger.
Albumeinspielungen erscheinen seit 2003 regelmäßig, wobei die Tastenvirtuosin ein ums andere Mal notorisch Regelbuch begeht. Was im zeitgenössischen Jazz möglich ist, Hiromi testet die Grenzen, wechselt von Swing zu Ragtime, von dort zu Fusion Jazz, Funk und freier Improvisation, zitiert mühelos Beethoven, Bach oder "Blackbird" von den Beatles. Das Album "Silver Lining Suite" entstand in Kooperation mit dem Streicherensemble von Tatsuo Nishie, der in seinem Hauptbehufe Konzertmeister des New Japan Philharmonic Orchestra ist. Der Elektronikeinsatz im Titelstück zu "Sonicwonderland" erinnert an frühe, naive Computerspiele, ein entsprechender Videoclip wurde mitgegeben. "Out There" vom April 2025 ist eine Fortsetzung dieser Scheibe, bloß dass die Kompositionen jetzt der überaus kompetenten Begleitformation Sonicwonder auf den Leib geschrieben sind. Bei Liveauftritten wechselt Hiromi meist zwischen Konzertflügel, elektronischen Keyboards und Synthesizer, beziehungsweise spielt manchmal zwei ihrer drei Instrumente gleichzeitig.
Bernd Gürtler/TM
Hiromi
"Out There"
(Concord; 4.4.25)
Hiromi im Netz
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Konzerte
16.05.25 Halle, Georg Friedrich Händel Halle
17.05.25 Essen, Philharmonie
19.05.25 Basel, Volkshaus
21.05.25 Dresden, Kraftwerk Mitte
23.05.25 München, Isar Philharmonic
24.05.25 Bonn, Telekom Forum
25.05.25 Göteborg, Stora Teatern
28.05.25 Coutances, Jazz Sous Les Pommiers
07.11.25 Eindhoven, Frits Philips
08.11.25 Groningen, Rockit Festival
10.11.25 Den Haag, Amare
11.11.25 Madrid, Teatro Fernando Gomez
13.11.25 Weimar, Schallkultur Festival
19.11.25 Toulouse, Halle aux Grains
21.11.25 London, Barbican Centre