|   Aktuell

Laibach: Mit Coverversion von "Strange Fruit" am Puls der Zeit

Rassismus könnte irgendwann der Vergangenheit angehören? Eine vergebliche Hoffnung, das Gegenteil scheint viel mehr der Fall. Laibach sind die Verschiebungen im Gesellschaftsspektrum keineswegs entgangen und covern mit dem ihnen eigenen Gespür für den Puls der Zeit nicht irgendeinen Song zum Thema, sondern "Strange Fruit". Gleichzeitig betritt das slowenische Künstlerkollektiv musikstilistisches Neuland.

Weltberühmt wird "Strange Fruit" in der Version von Billie Holiday aus dem Jahr 1939, der Songtextverfasser hieß Abel Meeropol. Ein mutiger Mann, der Sohn jüdischer Emigranten aus der Ukraine, damals Englischlehrer an der New Yorker DeWitt Clinton High School. Nicht nur brandmarkt er die Lynchjustiz der amerikanischen Südstaaten mit denkbar drastischen Worten, sondern war bekennender Kommunist, obendrein befreundet mit Julius und Ethel Rosenberg. Das jüdische Ehepaar wird 1953 wegen Rüstungsspionage für die Sowjetunion zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Abel Meeropol adoptiert die Söhne der Rosenbergs, Michael und Robert. Ihm selbst werden zwei Kinder tot geboren, Lewis und Allen hätten sie heißen sollen. Die Vornamen der beiden dienen ihm als Autorenpseudonym, anders wäre ein unbehelligtes Publizieren von "Strange Fruit" anfangs gar nicht denkbar gewesen. Während Laibachs Jubiläumstour anlässlich "Opus Dei", avanciert der Song zum Publikumsliebling des Zugabenteils. Gut möglich, auch weil der für die Formation typische Gesang ausnahmsweise von einem einsamen Klavier begleitet wird, das sich schwer nach Neuer Musik anhört. Sollte das die musikstilistische Zukunft andeuten? Nicht uninteressant!
Bernd Gürtler/TM


Laibach
"Strange Fruit"
(Mute; 05.11.24)


Laibach im Netz
Website | Facebook | Instagram | Twitter | YouTube | Spotify | Deezer | Apple | Bandcamp

Foto: Laibach

neue Beiträge