Sämtliche Songs auf "I Believe In You, My Honeydew" sind geschrieben, dass seine Muse sich daran erfreue und ihr vielleicht ein kleinwenig verständlicher wird, "what it's like to be human", verrät Josh Ritter im Presseinfo seiner amerikanischen Managementagentur. Dort finden sie sowieso, dass genau darin seine Stärke liegt. Josh Ritter, heißt es an anderer Stelle des Presseinfos, verstehe sich nicht nur bestens darauf, die Höhen und Tiefen gelebten Lebens einzufangen, sondern "with melody and rhyme, he chronicles what it’s like to be alive". Mit bemerkenswerter literarischer Qualität, wäre unbedingt hinzuzufügen. Nicht von ungefähr covern Joan Baez oder Bob Dylan, John Prine oder Grateful Deads Bob Weir seine Songs. "Bright's Passage", den ersten seiner beiden Romane neben "The Great Glorious Goddamn Of It All", lobt Stephen King in der New York Times als gelungenes Debüt eines begabten Romanciers.
Zwecks subtilerer Umsetzung seiner Songtexte, wurde fürs Vorgängeralbum "Heaven, Or Someplace As Nice" Jazzkoryphäe Bill Frisell angeheuert. "I Believe In You, My Honeydew" kehrt zurück zu obligatorischen Rootsspielweisen. Der Eröffnungsrocker "You Won't Dig My Grave" will den Gedanken streuen, der beste Weg, seine Feinde zu besiegen, ist der, sie zu überleben. Das subtil gezupfte "Truth Is A Dimension (Both Invisible And Blinding)" erzählt vordergründig von einem Astronomen, der sich, ausgestattet mit Teleskop, Schinkensandwiches, Kaffee und Erinnerung an die gescheiterte Beziehung mit einer gewissen Tanya, anschickt, das Sternensystem 611 zu kartieren. Meint eigentlich aber, dass Wahrheit etwas Physisches ist, das sich beliebig verbiegen, aber auch von verschiedenen Seiten betrachten lässt.
Der mächtig gewaltige Bluesstomper "Kudzu Vines" geht zurück auf June Carter Cash, die in einem ihrer Songs gleichnamige Pflanzenart der Gattung Pueraria erwähnte. Und der Quasititelsong "Honeydew (No Light)"? Beklagt die unerquickliche Gegenwart, wenn es im Refrain heißt "Dark days/Lead to dark nights/Lead to dark years/No light". Handelt in der Hauptsache jedoch von einem Robin Hood der Great Plains, der es von den Reichen nimmt und an Bedürftige verteilt, der sich dem skrupellosen Banker, einer vom Leibhaftigen höchstpersönlich gesandten Giftnatter in Menschengestalt, entschlossen als Drachentöter entgegenstellt, so dass der Unhold keine arglosen Anleger mehr über den Tisch ziehen kann. Solange die Heimat der Wackeren, das Land der Freien, Albumveröffentlichungen vom Kaliber Josh Ritters "I Believe In You, My Honeydew" hervorbringt, besteht noch Hoffnung.
Bernd Gürtler/TM
Josh Ritter
"I Believe in You, My Honeydew"
(Pytheas/Thirty Tigers; 12.9.25)
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