|   Rezension

Staples Jr. Singers

Searching

(Luaka Bop)

Gospel, der Kirchengesang des vornehmlich schwarzen Amerika, geboren aus der Not, ein grausames irdisches Jammertal erdulden zu müssen. Die Staples Jr. Singers verkörpern das Genre wie nur möglich, es gab nie etwas anderes für das Geschwistertrio aus Aberdeen, Mississippi. Unterwegs auf ewig im Auftrag des Herrn! Sicherlich deshalb und weil das Alltagsleben keinerlei Rücksichten nimmt, liegen zwischen Debütalbum und "Searching" fünfzig Jahre.

Edward Brown, R.C. Brown und Annie Brown Caldwell starten die Staples Jr. Singers Anfang der siebziger Jahre als sie noch Teenager sind. Der Formationsname angelehnt an Roebuck Pops Staples und seine The Staple Singers, deren "When Will We Be Paid" weiterverarbeitet zum Titelsong des eigenen Debütalbums "When Do We Get Paid" wiederkehrt. Gut erhaltene Exemplare der kaum nennenswerten Erstedition auf Vinyl, gehen mittlerweile für einige hundert Dollar über den Ladentisch. Eine dieser Scheiben landete bei Luaka Bop, dem Schallplattenlabel von David Byrne, Sänger der Talking Heads, wo bereits namhafte Archivretrospektiven zu Brasilien, Kuba, Afrika und Asien erschienen sind. Der Bewahrung des amerikanischen Gospelerbes widmet sich 2019 die Compilation "World Spirituality Classics 2: The Time for Peace Is Now – Gospel Music About Us", die Staples Jr. Singers vertreten dort mit der Singleeinspielung "We Got A Race To Run". 2023 folgt eine Albumwiederveröffentlichung von "When Do We Get Paid".

Zwischenzeitlich gründen die Staples Jr. Singers Familien, ziehen Kinder groß, bewältigen gewöhnliche Erwerbsjobs zwecks Sicherung des Lebensunterhalts. Der Gospelgesang bleibt ihnen das liebste Steckenpferd, so dass keine Not bestand als von Luaka Bob die Anfrage kam, ob wohl Songs für ein neues, zweites Album vorhanden wären. Aufgenommen wurde im Message Center, einem schlichten Gotteshaus in West Point, Mississippi, kaum komfortabler als eine Baracke. Ihre Begleiter an Bass, Gitarre und Schlagzeug die eigenen Söhne und Enkelsöhne. Produzent war Ahmed Gallab, besser bekannt unter seinem Künstlerpseudonym Sinkane.

"Searching" knüpft an sehr alte Traditionen und wirkt doch bei "Living In This World Alone" oder "Lost In A World Of Sin" wie für das Heute geschrieben. Sie lebt, die Black Prairie, jene fruchtbare Schwemmlandschaft am Tombigbee River ähnlich dem Mississippi Delta weiter im Westen. Howlin' Wolf und Bukka White stammen aus der Gegend. Albert King gab in seiner Sozialversicherungskarte Aberdeen, Mississippi, als Geburtsort an. Nördlich davon liegt Elvis Presleys Geburtsort Tupelo.
Bernd Gürtler/TM


Staples Jr. Singers
"Searching"
(Luaka Bop; 14.6.24)


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Foto: Eliza Grace Martin

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