|   Rezension

Margo Price

Hard Headed Woman

(Loma Vista/Concord)

Die Form zur Abwechslung wieder traditioneller, im Unterschied zum psychedelisch eingefärbten Vorgängeralbum ist "Hard Headed Woman" zweifelsfrei Country Music. Nichtsdestotrotz bleibt Margo Price eine Abweichlerin, eine Unangepasste wie nur wenige Ausnahmegeister vor ihr.

Vergleiche mit Altvorderen der Country Music brauchte es bislang nicht, Margo Price stand für sich, geschätzt um ihrer selbst willen. Knapp zehn Jahre nach dem hochgelobten Debütalbum "Midwest Farmer's Daughter" werden Vergleiche dringende Notwendigkeit, schlicht um anzuzeigen, in welcher Liga die Zweiundvierzigjährige spielt.

Als ihren "north star", ihren Polarstern, der bekanntlich nicht nur Seefahrern in finsterster Nacht der Orientierung dient, bezeichnet sie selbst Kris Kristofferson. Dessen "Don't Let The Bastards (Get You Down)", ein harscher Kommentar zum Golf-Krieg von George Bush Senior, stand Pate beim eigenen "Don't Let The Bastards Get You Down", einer schonungslosen Abrechnung mit dem Musikgeschäft.

Dass "Hard Headed Woman" ein Album aus dem Hier und Jetzt ist, verrät "Close To You", wenn es heißt "We talked about Heaven and we talked about Hell/We played the jukebox while democracy fell". Jemand müsste von ganz weit her auf der Wurstbrühe angeschwommen kommen, um nicht wenigstens ansatzweise eine Vorstellung zu entwickeln, auf wen oder was die Textstelle abzielt.

Der andere, dessen Schuhe Margo Price locker ausfüllt, ist Johnny Cash. Sein berühmtes "Man In Black" wirkt wie der Urstoff beispielsweise zu "Don't Wake Me Up", das keineswegs rosarote Romantikwölkchen verbreitet, sondern sagt, was ist, im Kleinen das große Ganze aufscheinen lässt, weil die erschreckend breiten Bevölkerungsschichten der "poor and the beaten down/Livin' in the hopeless, hungry side of town" in den Fokus rücken.

Die Texttafeln im Begleitvideo sind angelehnt an Bob Dylans "Subterranean Homesick Blues", den wahrscheinlich meistkopierten Videoclip der angloamerikanischen Populärmusikgeschichte, erdacht von D.A. Pennebaker und Allen Ginsberg sowie Bob Neuwirth als Statisten. Ein American Songbook sollte "Hard Headed Woman" werden, verriet Margo Price dem US-Musikmagazin Rolling Stone. Das dürfte rundum gelungen sein.

Eingespielt wurde ihr fünftes Studioalbum im RCA Studio A in Nashville, Tennessee, wo unter anderem Lorette Lynn und Dolly Parton häufig anzutreffen gewesen sind. "Strays", der psychedelische Albumvorgänger, ein passabler Alternativsoundtrack zu Pink Floyds "Zabriskie Point" ganz nebenbei, erinnert mit "Radio" an Übergriffigkeiten durch Musikmanager und Publikum. Jedenfalls laut Songtext, wenn es heißt "People try to push me around/Change my face and change my sound". Das Begleitvideo erweitert um eine ungewöhnlich frivole Facette. Selbiges wiederholt sich bei "Hard Headed Woman", wenn Margo Price im Video zu "Losing Streak" die Hüllen fallen lässt. Ziemlich gewagt, selbst für notorisch unangepasste Abweichlerinnen der Country Music!
Bernd Gürtler/TM


Margo Price
"Hard Headed Woman"
(Loma Vista/Concord; 29.8.25)


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Foto: Yana Yatsuk

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