Geboren wird Jason Isbell im ländlichen Alabama, eine halbe Autostunde nordöstlich von Muscle Shoals, wo in den sechziger Jahren im Tonstudio von Rick Hall weiße Studiomusiker auf den tief verwurzelten Alltagsrassismus der amerikanischen Südstaaten pfiffen und mit schwarzen Künstlern wie Aretha Franklin, Wilson Pickett oder den Staple Singers arbeiten.
Seine Mitgliedschaft bei den Drive-By-Truckers endet unrühmlich, wegen exzessiven Alkoholkonsums fliegt er aus der Band. Es folgt der unvermeidliche Entzug und nach "Southeastern", "Something More Than Free" sowie "The Nashville Sound" inzwischen mit "Reunions" das vierte, sozusagen trockene Studioalbum, das ihn, wie es die US-Musikzeitschrift Rolling Stone formuliert, als gefestigten "husband, father, and voice of moral consciousness in the modern South" zeigt.
Geschult an John Prine, seinem Ziehvater in Sachen Songschreiben, erzählt "Overseas" von der Einsamkeit des Musikers auf Tournee, "Dreamsicle" vom Hinundhergerissensein des Scheidungskindes, "It Gets Easier" vom Ringen mit den hochprozentigen Spirituosen und "St. Peter's Autograph" vom Selbstmord des Musikfreundes Neil Casal. Der Eröffnungssong "What've I Done To Help" bekennt sich zur sozialen Verantwortung des Künstlers. "Be Afraid", das Gegenstück dazu, ruft seinen hasenfüßigen Mitbewerbern in der Countrybranche zu, ja, eure Furcht vor Publikumsverlust ist nachvollziehbar, aber wegducken hilft auf Dauer keinem; "We've been testing you and you failed/To see how long that you could sit with the truth but you bailed" heißt es im Songtext. Stilistisch wird Jason Isbell zur ernsthaften Konkurrenz für Bruce Springsteen & The E Street Band, Tom Petty & The Heartbreakers oder Dire Straits. Kein Countryklischee weit und breit!
BG/TM
Jason Isbell & The 400 Unit
"Reunions"
(Southeastern/Membran; 15.5.2020)
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