Einschlägige Internetdatenbanken nennen "The Endless Plain Of Fortune" als sehr wahrscheinlichen Bestandteil aktueller Konzertsetlists. Ursprünglich erschienen der Song auf "Paris 1919", dem gemeinhin nachgesagt wird, es sei John Cales zugänglichstes Album, unter dessen charmanter Oberfläche aber das traumatisierte Europa unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs rumort; der Verweis im Titelsong auf den Versailler Vertrag erinnert an einen der Hauptgründe für das Erstarken des Faschismus in Deutschland.
"Cable Hogue", ein weiterer, langjähriger Konzertstandard, entwickelt ebensolch unerwartete Brisanz, so wie die Dinge im Augenblick liegen. Angelehnt an die fast gleichnamige amerikanische Westernkomödie "The Ballad Of Cable Hogue", steht laut John Cales Selbstaussage ein "couple of faggot bandits" im Zentrum des Geschehens. Nicht nur, dass der Song 1975 vom Album "Helen Of Troy" den Kinostreifen "Brokeback Mountain" um drei Jahrzehnte vorwegnimmt. Abzüglich der sexuellen Präferenzen kommen einem die räuberischen Songprotagonisten neuerdings vor wie das Clownsgespann im Weißen Haus, das sich soeben anschickt, die Vereinigten Staaten zur Freude Putins in eine Oligarchie umzubauen.
Von "Mercy" wird sicherlich "Moonstruck" gespielt, John Cales Hommage an Velvet-Underground-Sängerin Nico, deren "Frozen Warnings" er covert. Von "Poptical Illusion" steht neben "Setting Fires" und/oder "Davies And Wales" inzwischen wohl auch "Company Commander" auf dem Programm. "The right wingers burning their libraries down/Giving us the benefits and the doubt/Where did we lose of control of things/Was it Sunday when the circus came to town" heißt es im Songtext. Seine beiden jüngsten Alben führen die Elektronikexperimente seit "Artificial Intelligence" zu neuer Blüte und finden die richtigen Worte zur rechten Zeit. "No doubt this world is really f^#%ed up right now – let's make sure we leave a crack in the void", verkündet John Cale zum Tourstart via Social Media. Der Zweiundachtzigjährige wahrhaft ein Mann der Stunde.
Bernd Gürtler/TM
John Cale
"Mercy"
(Domino; 20.1.23)
John Cale
"POPtical Illusion"
(Domino; 14.6.24)
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Konzerte
03.03.25 Paris, Le Trianon
04.03.25 Brüssel, Cirque Royal
06.03.25 Karlsruhe, Tollhaus
07.03.25 München, Alte Kongresshalle
09.03.25 Stuttgart, Theaterhaus
12.03.25 Nürnberg, Markgrafenhalle
13.03.25 Leipzig, Haus Auensee
14.03.25 Berlin, Columbiahalle
16.03.25 Hamburg, Laeiszhalle
18.03.25 Köln, Carlswerk Victoria