02.03.2025 | Aktuell

Elles Bailey: Angetreten, um zu bleiben

Der Name sagt einem noch nichts? Kein Beinbruch, ließ Elles Bailey anlässlich ihres fünften Studioalbums "Beneath The Neon Glow" vom August 2024 verlauten. Angetreten sei sie jedenfalls, um zu bleiben, und betreibe das Musikantsein mit gebotener Ernsthaftigkeit. Besser, das geneigte Publikum nimmt die gebürtige Britin beim Wort.

Elles Bailey stammt aus Bristol, wo ihr Vater auch schon Musiker war und mit seiner Band die Klubs im Umkreis der südwestenglischen Hafenmetropole bespielte, 1976 sogar einen Auftritt beim Glastonbury Festival klarmachen konnte. Daher sicherlich die Zielstrebigkeit, sie weiß gewissermaßen von Haus aus, worauf es ankommt. Noch im Teenageralter übernimmt Elles Bailey die Gesangsposition einer regionalen Indieband, legt dann eine Pause ein, um Psychologie zu studieren, mit dem Ziel, in der Beratungsbranche anzuheuern. Lange sei sie einfach unschlüssig gewesen, was sie eigentlich mitteilen wolle, verriet sie dem britischen Webmagazin Ox. Den Weg gewiesen habe ihr "Something's Got A Hold On Me" von Etta James, über das schwer greifbare Gefühl, wenn die Liebe von jemandem Besitz ergreift.

Als Elles Bailey zur Musik zurückkehrt, bleibt nichts mehr dem Zufall überlassen. Das Debütalbum, veröffentlicht 2017 und "Wildfire" betitelt, entsteht in Nashville, Tennessee unter Beteiligung kompetenter Profis, wovon reichlich zur Auswahl stehen in der Welthauptstadt der Country Music wegen ihrer teils effizient durchindustrialisierten Musikwirtschaft. Der Einspielort hinterlässt stilistische Spuren, die sich hervorragend ergänzen mit dem Repertoire, aus dem sich der Soundtrack ihrer Kindheit und Jugend speist. Die Schallplattensammlung des Vaters umfasst Scheiben von The Band, den Eagles, den Beatles, von Chuck Berry, Jerry Lee Lewis oder den Rolling Stones.

Während die Fachwelt nach wie vor rätselt, ob sie eher Country, eher Blues oder vielmehr Americana sei, bietet die Künstlerin als kleinsten gemeinsamen Nenner Fleetwood Mac an, die ursprünglich ebenfalls im Blues verwurzelt gewesen sind, bevor mit "Rumours" ein Popüberfliegeralbum gelang.

Einige von Ellis Baileys Songs huldigen ihren Helden. "Howlin' Wolf" würdigt den Genannten und andere Bluesgiganten, die via Chess Records und Chicago Weltruhm erlangen. "Girl Who Owned The Blues" betrifft die viel zu früh verstorbene Janis Joplin. "Turn Off The News" und "Good News Day" von "Beneath The Neon Glow" (letzteres nur in der Deluxe-Edition als Akustikversion enthalten), widmen sich dem größtenteils unerfreulichen Nachrichtengeschehen der Gegenwart.

Ansonsten steht die Liebe hoch im Kurs, aber jenseits des üblichen Einerleis. "Leave The Light On", ebenfalls auf "Beneath The Neon Glow" erschienen, bezeichnet Elles Bailey als offenen Liebesbrief an ihren Ehemann, dessen Selbstlosigkeit beispielhaft sei. Als sie mal den Zug zurück nach Bristol verpasste und erst mitten in der Nacht ankam, fand sie zuhause das Licht noch angeschaltet. Eine warmherzige Willkommensgeste, dachte sie. Ihre markante Stimme verdankt Elles Bailey einem Krankenhausaufenthalt als Kind, der sie fast die Stimmbänder gekostet hätte. Der Rat des Arztes damals? Sie solle Sängerin werden, wenn sie groß ist. Im März 2025 stehen vier deutschlandweite Konzerttermine an.
Bernd Gürtler/TM

Elles Bailey
"Beneath The Neon Glow"
(Cooking Vinyl; 9.8.24)