05.09.2025 | Rezension

Big Thief

Double Infinity

(4AD/Beggars)

Zum Trio geschrumpft, weiterhin aber mit Adrianne Lenker, der wegen außerordentlicher Lebensklugheit geschätzten Frontfrau. Den neulich ausgeschiedenen Bassisten Max Oleartchik wollten Big Thief nicht ersetzen. Stattdessen kam ein Großaufgebot von Gastmitstreitern zum Einsatz.

Bis zu elf Gäste auf einmal seien teilweise beteiligt gewesen, verrät Adrianne Lenker gegenüber dem britischen Mojo Magazine. Herausgekommen ist eine Klangfarbe, die als Folkrock zu bezeichnen höchstens noch der groben Orientierung dienen kann. Bei genauerem Hinhören offenbart sich eine verblüffende Vielschichtigkeit jenseits sämtlicher Genreschubladen. Ausgestattet die Songs mit Songtexten, die unzweideutig erkennen lassen, dass Adrianne Lenker jemand ist, der mehr vom Leben weiß als andere.

"So let gravity be my sculptor, let the wind do my hair", lautet eine Textstelle aus "Incomprehensible", die ermuntern will, seine bescheidene Erdenexistenz mehr mit dem Universum in Einklang zu bringen, um die Bodenhaftung nicht zu verlieren.

Oder "All Night All Day", wo es heißt "Swallow poison, swallow sugar/Sometimes they taste the same/But I know your love is neither/And love is just a name/It's a thing we say/For what pulls through/'Til we come together". Ganz recht, weder ist die Liebe pures Gift noch zuckersüß, sondern bloß ein Empfinden, für das noch keine treffendere Bezeichnung gefunden wurde.

Kein Wunder, wenn die britische Tageszeitung The Guardian anlässlich "Double Infinity" zum Schluss kommt, Adrianne Lenkers "poetic but unadorned lyrics are a field guide to living well". Die britische Musikzeitschrift Record Collector erkennt in ihr sogar "the great American songwriter of her generation". Wenn das nicht zutrifft, was dann?
Bernd Gürtler/TM

Big Thief
"Double Infinity
(4AD/Beggars, 5.9.25)