09.05.2025 | Rezension

I'm With Her

Wild And Clear And Blue

(Rounder/Universal)

Bewundernswert erfolgreich jede für sich und trotzdem allzeit bereit, den gemeinschaftsstiftenden Volksmusikcharakter des Bluegrass aufrechtzuerhalten. Wegen ihres Bandnamens wären Aoife O'Donovan, Sara Watkins und Sarah Jarosz beinahe ins Wahlkampfgetümmel der Vereinigten Staaten geraten.

Hillary Clinton ging 2016 unter dem Motto "I'm With Her" ins Rennen ums amerikanische Präsidentenamt. Reiner Zufall die Überschneidung, gab Aoife O'Donovan später gegenüber der britischen Tageszeitung The Guardian zu Protokoll. Aber passt schon, höchstens wenn Gegenkandidat Donald Trump unter dem Slogan angetreten wäre, hätte ihr Bandname eventuell der Korrektur bedurft.

Das erste Zusammentreffen des Trios datiert auf das Jahr 2014 anlässlich eines improvisierten Festivalauftritts und offenbart sofort erstaunliche Schnittmengen. Ihre Gesangsstimmen ergänzen sich derart perfekt, dass sie völlig unkompliziert Stimmlagen untereinander tauschen können. Versierte Instrumentalistinnen sind alle drei. Sara Watkins und Sarah Jarosz praktizieren Bluegrass seit Kindesbeinen. Aoife O'Donovan kann das Musikerbe irischer Vorfahren einbringen.

"Wild And Clear And Blue" ist der Nachfolger zum Tonträgerdebüt "See You Around" von 2018. Der Eröffnungssong "Ancient Light" umreißt ein thematisches Spannungsfeld für das gesamte Album zwischen Niedergang, Verfall und Zuversicht. "While everything's unraveling/I’m building a fire/Sparks and smoke rings/Fill up the night/When it catches/I’ll be swimming in the ancient light" heißt es unter anderem. "Standing On The Fault Line" benennt die verheerenden Folgen des Klimawandels. An anderer Stelle, beispielsweise in "Sisters Of The Nightwatch", artikuliert sich weibliche Selbstbestimmtheit. Das heiter beschwingte Musizieren und gesangliche Harmonieren bildet einen wohltuenden Gegenentwurf zum galoppierenden Irrsinn in der Welt.
Bernd Gürtler/TM

I'm With Her
"Wild and Clear and Blue"
(Rounder/Universal; 9.5.25)