|   Rezension

Aoife O'Donovan

Age Of Apathy

(YepRoc)

Der Albumtitel bringt den Coronaschlamassel ziemlich auf den Punkt. Pandemiebedingt sind die vergangenen Monate eine halbe Ewigkeit lähmenden Stillstands gewesen, konnten bei Aoife O'Donovan aber auch ungeahnte Produktivität freisetzen. Zustande gekommen trotz schwieriger Studiobedingungen Gastbeiträge und eigene Tonträgereinspielungen in bemerkenswerter Zahl, darunter gewissermaßen als Krönung ihres Lockdownschaffens "Age Of Apathy". Es wird zur längst überfälligen Aufmerksamkeit verhelfen, ohne dass der Künstlerin vordergründig daran gelegen hätte.

Sie sei ein Bandmusikant, selbst wenn solo unterwegs, gestand Aoife O'Donovan der New York Times. Ihre vorläufige Künstlerbiographie kann das bestätigen.

Geboren 1982 in Boston, Massachusetts als Tochter irischer Einwanderer, wächst sie mit Irish Folk auf und überträgt die kulturelle Kindheitsprägung später ins eigene Kreativschaffen, mehrheitlich als Mitglied beziehungsweise Kooperationspartner im Country angesiedelter Bands und Einzelkünstler wie Crooked Still, I'm With Her, Jim Lauderdale, Sara Watkins oder Greensky Bluegrass.

Gleichermaßen prägend ihr Studium am New England Conservatory Of Music, was die regelmäßigen Auftritte mit Sinfonieorchestern erklärt. Oder unlängst Vokalbeiträge zu "Long Time Coming – Kronos Quartet & Friends Celebrate Pete Seeger" sowie "Not Our First Rodeo", dem zweiten Album einer Projektformation um Yo-Yo Ma, Stuart Duncan, Edgar Meyer und Chris Thiel.

Nach "Fossiles" und "The Magic Hour" ist "Age Of Apathy" erst ihr drittes reguläres Vollelängealbum mit eigenen Songs. Verdichtet dort der gesamte musikalische Erfahrungsschatz zu etwas Eigenem, ähnlich wie bei Kate Bush oder Tori Amos, die aus extravaganten Popelementen das ihre zogen. Gelegentliche Jazzanklänge lassen unweigerlich an Joni Mitchell als inzwischen gereifte Songschreiberin denken.

Die Arrangements heben den Gesang weder hervor noch dominieren sie ihn, sondern setzen eine Art Rahmenhandlung. Die Songtexte, das konnte die New York Times ebenfalls in Erfahrung bringen, sind ihre bislang persönlichsten. Erkennbar daran, dass auf Örtlichkeiten und Ereignisse verwiesen wird, die Aoife O'Donovan wichtig sind. "B61" erwähnt selbige Buslinie ihrer Wahlheimatstadt New York, der Titelsong zu "Age Of Apathy" den Taconic Parkway, verknüpft mit Erinnerungen an Auftritte beim Falcon Ridge Folk Festival in Hillsdale oder ihre Teilnahme an einer Mahnwache 2001 anlässlich der Terroranschläge auf das New Yorker World Trade Center. Das wacker gezupfte "Passengers" will zum guten Schluss Optimismus verbreiten und führt hinaus in die Weiten des Weltalls, hinfort von jedem irdischen Übel.

"Age Of Apathy" vorausgegangen war die EP "Bull Frog’s Croon", mit Gedichten des amerikanischen Poeten Peter Sears, bearbeitet für Streichquartett. Sowie ein Komplettcover von Bruce Springsteens erstem Akustikalbum "Nebraska" und die Orchesterkomposition "America, Come", basierend auf Briefen und Reden von Carrie Chapman Catt, einer berühmten amerikanischen Wortführerin der Suffragetten des vergangenen Jahrhunderts.
BG/TM


Aoife O'Donovan
"Age Of Apathy"
(YepRoc; 4.2.2022)


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Foto: Omar Cruz

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