|   Rezension

Durand Jones & The Indications

Private Space

(Dead Oceans)

Sweet Soul Music, Soundtrack der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre, Vorwegnahme eines unter Großteilen der Bevölkerung nach wie vor undenkbaren Miteinanders von Schwarzen und Weißen. I Have A Dream, im Soul war Martin Luther Kings Vision bereits Wirklichkeit geworden, siehe Stax Records in Memphis, siehe Motown in Detroit. Durand Jones & The Indications sind versierte Reanimateure der grandiosen Vergangenheit. Das historische Stilvokabular beherrschen sie perfekt, verschließen sich aber auch nicht der Gegenwart.

Sein spektakulärstes Revival erlebt der Sixties Soul 2006 dank Amy Winehouse und ihres Kassenschlageralbums "Back To Black". Albumproduzent Mark Ronson engagierte als Studioband The Dap-Kings, hauptamtlich Begleitformation von Sharon Jones. Deren Alben bei Daptone Records erscheinen, dem New Yorker Schallplattenlabel, das auch Charles Bradley, Lee Fields und eine Reihe weiterer Soulrevivalisten unter Vertrag hält. Durand Jones und die Seinen wiederum sollten als Studenten der Jacobs School Of Music in Bloomington, Indiana zusammenfinden, wegen einer gemeinschaftlich geteilten Begeisterung für Daptone.

Ausgerechnet, denn Daptone-Künstler sind eher selten durch kritische Gesellschaftskommentare in ihren Songs aufgefallen, Durand Jones & The Indications umso mehr. Beim nach der Band benannten Debütalbum ist es der Fall, beim Albumnachfolger "American Love Call" ebenso, und "Private Space" setzt die Tradition unbeeindruckt fort. "Watching modern day lynchings in the streets that I call homehome/I felt so helpless in the strife", eine Textpassage aus "Love Will Work It Out", verweist auf die Ermordung von George Floyd sowie Black Lives Matter, während "Folks overtaken by disease/All the people lost made me fall right onto my knees" im selben Song den Verlust geschätzter Mitmenschen durch Corona beklagt. Der Durchhalteappell "Like a willow you're bending but you'll never break/So just remember when I tell you" in "Reach Out" betrifft sowohl Bürgerrechtsbewegung als auch Viruspandemie.

Die übrigen Songs huldigen einer in Pandemiezeiten besonders wichtigen, angesichts von Lockdowns und Social Distancing Stabilität gebenden Zweisamkeit. Oder erzählen von der Sehnsucht nach unbeschwerter Partytime, wie in "Witchoo", dessen elektronischer Eröffnungssound eine neue stilistische Facette andeutet. Disco und europäische Populärmusikerneuerer wie Kraftwerk, daran orientieren sich Durand Jones & The Indications derzeit. Nicht die falscheste Entscheidung, mehr zu riskieren als bloße Nostalgie.
BG/TM


Durand Jones & The Indications
"Private Space"
(Dead Oceans; 30.7.2021)


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Foto: Ebru Yildiz

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