Der einstigen Townshipsiedlung Soweto am Stadtrand von Johannesburg verdankt Paul Simons "Graceland" einen Großteil seiner afrikanischen Einflüsse. Manches davon findet sich bei Urban Village wieder. Höchstens bruchstückhaft jedoch, denn Gitarrist und Bandleader Lerato Lichaba, geboren kurz vor Ende der Apartheid, wollte eigentlich ganz mit der Vergangenheit brechen und sich aus House Music und Dancefloor eine unbelastete, zeitgemäße Identität schaffen.
Dabei wäre es vermutlich geblieben, hätte er nicht rein zufällig die in der ethnischen Bevölkerungsgruppe der Zulu verwurzelte Maskandi-Musik entdeckt. Und dank seiner Erfahrungen als DJ gewusst, wie sich die Elemente elegant verbinden lassen, so dass mit Urban Village eine unnachahmliche Synthese aus Gegenwart und Vergangenheit gelingen konnte. Eingesungen wurde "Udondolo" mit Ausnahme kurzer englischer Passagen von "Sakhisizwe" und "Umhlaba Wonke" ansonsten in landesüblichen Sprachen und Dialekten. Dankenswerterweise verrät das Presseinfo des Schallplattenlabels, dass letzterer Song zu südafrikanischer Einigkeit und Optimismus aufruft. Das der minimalistischen Kammermusik des Penguin Cafe Orchestra frappierend ähnliche Eröffnungsstück "Izivunguvungu", verweist auf die Isicathamiya-Gesangstradition der Zulu, "Ubusuku" auf den Schüleraufstand von Soweto im Jahr 1976. "Inkani" wendet sich gegen xenophobe und afrophobe Übergriffe. Die Quasislidegitarre in "Umuthi" erinnert daran, dass die Ursprünge des Blues in Afrika liegen, während der Songtext für Toleranz und Verständigung wirbt. "Ubaba" ehrt die Vorfahren und benennt die sogenannten Hostels, eine vom Apartheid-Regime ersonnene Unterbringungsform, um südafrikanische Männer schwarzer Hautfarbe von ihren Familien zu separieren.
BG/TM
Urban Village
"Udondolo"
(No Format; 22.1.2021)