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The Sound Of Bronkow Music Festival 2022: Handverlesenes Programm und vorbereitet auf alle Eventualitäten

Es dürfte aufgefallen sein, dass das Sound Of Bronkow Music Festival dieses Jahr nicht wie sonst am ersten Septemberwochenende im und um das Societätstheater herum stattgefunden hat. Lars Hiller und Hanna Döring vom Veranstalter K&F Records, dem kleinen, aber feinen Dresdner Schallplattenlabel für Americana und Singer/Songwriter, können gute Gründe vorbringen, weshalb das handverlesene Programm 2022 in dunklerer Jahreszeit und an einem anderen Ort über die Bühne geht. Vorkehrungen für alle Eventualitäten sind selbstverständlich getroffen.

Was ist neu im zwölften Festivaljahrgang, was wie gewohnt?
Lars Hiller:
Das Offensichtlichste, das neu ist, ist der Veranstaltungsort, das Zentralwerk in Pieschen, zustande gekommen, weil das Societätstheater umgebaut wird und sich jeweils für einen Monat gastweise bei anderen Spielstätten einmietet. Anfang September wäre es ein Zirkuszelt im Alaunpark gewesen, wo wir unser Festival nicht angemessen untergebracht sahen. Gleichzeitig hatten wir schon immer Lust auf das Zentralwerk. Uns ist nicht entgangen, wie der Ort mit seinem herrlichen alten DDR-Kultursaal von den Kreativen der Stadt langsam in Besitz genommen wird. Jetzt, wo auch das Societätstheater ins Zentralwerk geht, schien das die Gelegenheit. Zumal, und damit kommen wir zu dem, was wie gewohnt bleibt, wir dort einen großen Saal haben, einen kleineren unterm Dach und das Foyer bespielen können. Das Festival lässt sich in gehabter Struktur genauso replizieren. Abgesehen von dem Umstand, dass es keinen Garten gibt wie am Societätstheater. Aber im November macht ein Außenbereich ohnehin wenig Sinn, beziehungsweise verlegen wir die kostenlosen Nachmittagskonzerte einfach in den großen Saal. Wir nennen das Marktplatz Bronkow, mit einem Café, Marktständen und Musik.

Was steht auf dem Programm? Welche Bands würdet ihr empfehlen?
Hanna Döring: Schwer eine Auswahl zu treffen. Das Programm ist auf jeden Fall sehr vielfältig angelegt, diesmal auch mit einigen rockigen Acts. Ein Highlight am Freitag sind für mich POM, eine Newcomerband aus den Niederlanden, die bei sich zuhause gerade richtig abräumt. Ebenfalls am Freitag Christian Kjellvander, den Lars aber besser vorstellen kann.
Lars Hiller: Ich sehe den Freitag eher als traditionellen Abend, mit Christian Kjellvander als gestandenem Singer/Songwriter, der seit zwanzig Jahren Megaplatten macht und mit seinem Debütalbum "Songs From A Two-Room Chapel" ein Standardwerk abgeliefert hat, das sowohl von mir als auch meinem Freundeskreis noch immer gern gehört wird. Dann haben wir Riley Downing, den Sänger der Deslondes aus New Orleans. Sein aktuelles Soloalbum "Start It Over", eingespielt in Nashville mit hochkarätigen Studiocracks, geht Richtung Americana, enthält aber auch Elemente aus dem Memphis Soul. Das wird gebrochen durch die Grunge-Pop-Band POM…
Hanna Döring: … und L.A. Witch, ein komplett weiblich besetztes, punkiges Garagenrocktrio aus Los Angeles. Am Freitagabend auch noch Lucy Kruger & The Lost Boys mit ihrem doomigen Langsamfolk; selten in letzter Zeit so eine Bühnenpräsenz, so eine Energie erlebt. Und erwartet wird John Moods als Vertreter des Eighties-Revivals, das gerade für Furore sorgt. Wie seine Bühnenshow kuratiert ist, das macht Spaß zuzuschauen.

Was ist mit Düsseldorf Düsterboys?
Hanna Döring: Die muss man wahrscheinlich nicht extra ans Herz legen, so sehr wie sie im Augenblick von Musikpresse und Feuilleton bejubelt werden. Eine zum Festival unbedingt passende Band aber.
Lars Hiller: Die Düsseldorf Düsterboys sind so ein Fall, wo wir, seit sie Musik machen, immer dachten, dass das die ultimative Bronkow-Band wäre, allein wegen des Bandnamens. Wir aber immer davon ausgingen, dass sie ein viel zu nischiges Thema abgeben, das bloß uns interessiert, weniger unser Publikum. Über die Jahre sind sie zu einem veritablen Headliner herangewachsen.

Und Nichtseattle?
Lars Hiller: Als ich das erste Mal mit ihrem Bookingagenten korrespondierte, war der hochemotional und meinte, das sei das Beste, das er seit langem gehört hat, überhaupt die deutschsprachige Künstlerin der Stunde, und wir sollten sie unbedingt ins Programm nehmen. Damals wurde ich das erste Mal hellhörig, später folgten die enthusiastischen Albumkritiken zu "Kommunistenlibido". In einem ihrer Videoclips tanzt sie außerdem in meiner Heimatstadt Chemnitz um den Karl-Marx-Kopf. Insofern eine super Bronkow-Künstlerin und genau das, was wir mit unserem Festival präsentieren wollen. Nichts Weichgespültes, nichts Glattgebügeltes, stattdessen Künstler mit Ecken und Kanten, guten Songs und hintergründigen Songtexten.

Auch dieses Jahr dürfte eine Riesenportion Enthusiasmus dazugehören, ein Festival wie das eure auf die Beine zu stellen. Wir steuern auf den nächsten Winter zu und niemand vermag vorherzusagen, wie sich das Coronavirus verhalten wird.
Hanna Döring: Uns allen ist bewusst, dass Anfang November alles ganz anders sein kann, sobald die Inzidenzen wieder durch die Decke gehen. Wenn das Technikteam ausfällt, haben wir ein Problem. Wenn Acts absagen, weil Bandmitglieder infiziert sind, müssen wir schauen. Das sind Herausforderungen, derer wir uns bewusst sind. Aber wir wissen jetzt, wie Hygienekonzepte aussehen müssen. Wir sind vorbereitet, und das Zentralwerk bietet Möglichkeiten zu reagieren. Für mich stand nie zur Debatte, dass es kein Sound Of Bronkow Festival geben wird.
Lars Hiller: Die Festivalplanung ist jedes Jahr unfassbar anstrengend. Aber es war auch für mich keine Option mich mit Bedenken aufzuhalten, um dann zu sagen, wir lassen es lieber bleiben. Wir veranstalten das Festival schon so viele Jahre, wir können uns auf enthusiastische Mitstreiter und ehrenamtliche Helfer stützen. Das Societätstheater mit Heiki Ikkola ist ein engagierter Partner, von dort kommt jede Menge Kraft und Unterstützung. Sie stellen uns ihre gesamte Logistik zur Verfügung, die Ton- und Lichttechnik, helfen bei der Pressearbeit. Ohne das Societätstheater wäre Sound Of Bronkow überhaupt nicht durchführbar. Des Weiteren gibt uns das Zentralwerk eine gewisse Planungssicherheit. Konzipiert wurde das Festival unter Berücksichtigung der Coronaauflagen der vergangenen beiden Jahre. Was passiert, wenn wir Mindestabstände gewährleisten müssen? Der große Saal hat eine Kapazität von achthundert Besuchern. Das heißt, man kann unser kleines Festival, das sonst auf engstem Raum im Societätstheater stattgefunden hat, problemlos strecken. Und das Zentralwerk ist eins der wenigen Dresdner Veranstaltungshäuser, das über so eine topmoderne Belüftungsanlage verfügt, die die Luft tatsächlich austauscht, und die man notfalls soweit hochdrehen kann, dass die Luft durchpfeift wie im Freien. Fast nirgendwo findet man das. Erstaunlicherweise kann gerade dieses alte Gebäude die Anforderung erfüllen.

Was sollten Festivalbesucher sonst noch wissen?
Lars Hiller: Die familienfreundlichen Nachmittage am Samstag und Sonntag werden beibehalten. Auf der kleinen Bühne werden die Gebrüder Grimmig, eine feste Institution des Societätstheaters, jeweils ein Kinderprogramm bestreiten. Ich bin selbst Vater und finde es schön, am Wochenende irgendwohin gehen zu können, Kaffee zu trinken, Musik zu hören und seine Kinder gut unterhalten zu wissen. Das braucht es noch eher in der dunkleren Jahreszeit als Anfang September, wenn man noch von den Sommeraktivitäten zehren kann. Auftreten werden außerdem The Green Apple Sea, eine Band, die sowohl bei Sound Of Bronkow von Anbeginn dabei ist als auch zu den ersten Veröffentlichungen auf K&F Records gehörten. Heated Land werden demnächst ein neues Album rausbringen, das wir in dieser Form nur ein einziges Mal bei Sound Of Bronkow live präsentieren werden. Aus dem Künstlerstamm des Labels sind weitere Überraschungen geplant. Verraten wird noch nichts.
Bernd Gürtler SAX 11/22 


The Sound Of Bronkow Music Festival; 4.-6.11. Dresden, Zentralwerk


The Sound Of Bronkow Music Facetim im Netz
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Foto: Sophie Koterus Korting (POM)
Foto: Ritchy Fondermann (Christian Kjellvander)
Foto: Joshua Black Wilkins (Riley Downing)
Foto: Willem van den Heever (Lucy Kruger)
Foto: Andie Riekstina (John Moods)
Foto: K&F (The Green Apple Sea)
Foto: K&F (Heated Land)

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