|   Rezension

Mercury Rev

Born Horses

(Bella Union/Rough Trade)

Ein aufmerksamer Zuhörer in den frühen Morgenstunden? Mercury Revs Sänger und Songschreiber Jonathan Donahue dürfte der Kassettenrecorder älteren Baujahrs einfallen, dem er zeitweise seine Gedanken direkt nach dem Aufstehen zuhause in den Catskill Mountains Upstate New York anvertraute. Jahre später bildeten die Aufnahmen den Grundstock zu "Born Horses".

Das Verweben von Dichtkunst beziehungsweise gesprochenem Erzählwort mit Musikbegleitung, ist eine Eigenart der Beat Poeten von William Burroughs bis Allan Ginsberg oder Jack Kerouac gewesen und findet sich ebenso als Facette bei Jim Morrison, Laurie Anderson, Patti Smith oder Marianne Faithfull. Jonathan Donahue wollte Ähnliches im professionellen Tonstudio hinbekommen, was leider gründlich schiefging. Die Kassettenrecordermomente erwiesen sich als nicht reproduzierbar, so dass kurzerhand seine Stimme von der originalen Tonbandkassette nachträglich illustriert wurde.

Das eingesetzte Musikmaterial enthält Schnittmengen mit Miles Davis, Anleihen beim Blues und Referenzen an den Soundtrack zu "Blade Runner". Ungewöhnlich für Mercury Rev, dennoch nicht gänzlich undenkbar. Die Band war von Anbeginn anders, wohl auch deshalb, weil gegründet von Studenten der State University Of New York At Buffalo; ihr Dozent in Komposition und Media Studies kein geringerer als Tony Conrad, ein Pionier der Drone-Musik, wie sie von John Cale bei Velvet Underground zur Marktreife geführt wurde. Obendrein gehörte Jonathan Donahue zur Gründungsbesetzung der für allerlei Schrulligkeiten bekannten The Flaming Lips. Der Titelsong zu "Born Horses" verrät einiges über seine romantische Seite. Ach wären wir doch als Pferde geboren, wie vieles besser hätten wir Menschen es doch, grübelt er. "I had a dream we were born horses/And not human beings/With more time to run/And less time for things" heißt es im Songtext.
Bernd Gürtler/TM


Mercury Rev
"Born Horses"
(Bella Union/Rough Trade; 6.9.24)


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Foto: Jonathan Donahue

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