|   Rezension

Loudon Wainwright III

I'd Rather Lead A Band

(Search Party/Thirty Tigers/Membran)

Mal nicht selber den Hut aufhaben müssen, einfach Sänger sein dürfen. Verlockende Vorstellung für jemanden, der bereits zwei Dutzend Alben mit eigenen Songs veröffentlicht hat. Und herausragenden Songs wohlgemerkt, keineswegs zufällig gilt Loudon Wainwright III als einer der Besten seiner Zunft. Nach dem Tributeprojekt "High Wide & Handsome" zum Andenken an den Banjozupfer und Countrypionier Charlie Poole, bot sich erneut Gelegenheit Verantwortung abzugeben. "I'd Rather Lead A Band" enthält Interpretationen amerikanischer Populärmusikstandards der zwanziger und dreißiger Jahre.

Er glaube, schreibt Loudon Wainwright III im Begleitbooklet, "that we’re drawn to the music our progenitors made love to, perhaps to somehow inhabit the sonic background of our own creations". Überdenkenswerte These, die insofern Sinn ergibt als dass "I'd Rather Lead A Band" eine Auswahl von Songfavoriten seiner Eltern bündelt. Darunter "Between The Devil And The Deep Blue Sea" und "You Rascal You (I'll Be Glad When You're Dead)", zwei unverwüstliche Evergreens, deren Popularität bis in jüngere Vergangenheit reicht und unter anderem noch von George Harrison beziehungsweise Dr. John oder Serge Gainsbourg gecovert wurden.

"My Blue Heaven" erlangt Berühmtheit durch Gene Austin, "I Thought About You" durch Benny Goodman. Der Titelsong, verfasst von Irving Berlin, stammt aus dem US-Revuefilm "Follow The Fleet" mit Stepptanzweltmeister Fred Astaire in der Hauptrolle. An "A Ship Without A Sail" findet Loudon Wainwright III bedauerlich, dass er es nicht war, dem die Songtextzeilen "I go to this or that place/I seem alive and well/My head is just a hat place/My breast an empty shell/And I’ve a faded dream to sell" eingefallen sind.

Der rote Faden ist derselbe, der die eigenen Songs zusammenhält, nämlich seine, wie er sich ausdrückt "ironic and somewhat misanthropic singer songwriter persona", geleitet vom sicheren Gespür für die urkomischen Unzulänglichkeiten menschlicher Erdenexistenzen. Zur Seite steht mit The Nighthawks eine Begleitformation, von deren Chef Vince Giordano es heißt, er würde den angejahrten Jazzklubsound, den er und seine Mannschaft bereitstellen, regelrecht leben.

Gut möglich, auch sein Publikum fühlt sich weniger beansprucht von einem Album, dem Loudon Wainwright III schlicht seine Gesangsstimme leiht. Ist bei ihm normalerweise volle Aufmerksamkeit gefragt, um keine Pointe zu verpassen, beschert "I'd Rather Lead A Band" ein unkompliziertes Hörvergnügen. Die Scheibe macht Laune und fügt sich nahtlos zwischen Ringo Starrs "Sentimental Journey", Paul McCartneys "Kisses On The Bottom", Bryan Ferrys "As Time Goes By" oder James Taylors "American Standard" von neulich erst.
BG/TM


Loudon Wainwright III
"I'd Rather Lead A Band"
(Proper; 9.10.2020)


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