|   Rezension

Josh Rouse

Going Places

(Yep Roc)

Wann durften wir zuletzt einen Songwriterfolkrock von so überwältigender Heiterkeit erleben! Lange her, aus naheliegenden Gründen. Wobei "Going Places" eher die Sehnsucht nach dem schmerzlich Vermissten artikuliert als die Freude über dessen zumindest vorübergehende Wiedererlangung im Veröffentlichungssommer 2022. Entstanden die Songs auf dem Höhepunkt der Coronapandemie mit ihren Lockdowns und sozialen Entkopplungen. Josh Rouse saß damals samt Familie in seiner Wahlheimatstadt Valencia fest, der Grundstock des Albums erarbeitet mit seiner spanischen Tourneebesetzung.

Als Einspielrefugium diente eine wegen der coronabedingten Lockdownmaßnahmen geschlossene "small venue, sort of like a 1950's American bar. I said, 'Let's get together and play some songs in the bar, something that feels good in a smaller room. Just toe-tappers'", lässt Josh Rouse im Presseinfo des Schallplattenlabels ausrichten.

War der reguläre Studiovorgänger "Love In The Modern Age" von 2018 eine Hommage an elektroaffine Popaltvordere wie Prefab Sprout, The Blue Nile oder Aztec Camera, wurde "Going Places" mehr oder weniger live eingespielt.

Sehr zum Vorteil des gesamten Albums, jeder Song ein Fußwipper von besonderer Finesse. Das charmante "Apple Of My Eye" überraschend wegen seiner Orgelklänge und fetten Bläsereinwürfe. "She's In L.A." eröffnet durch Dobro und Tablaperkussion. "Waiting On The Blue", die autobiographische Erzählung von einem Tornadoerlebnis in Nashville, verwebt drei, vier verschiedene Gitarrenmelodien und riskiert dramaturgisch abgewogene Temposteigerungen. Das vorab ausgekoppelte "Hollow Moon" ist als kraftvoller Rocker angelegt. Ein Album wie die farbenfrohen Ausgehgesellschaften einer mittleren südwesteuropäischen Kleinstadt an einem lauen Sommerabend! Wer mag, kann gern nach Schnittmengen suchen mit Buddy Holly, Edwyn Collins, Nick Lowe oder Paul Simon zu Zeiten von "Graceland".
BG/TM


Josh Rouse
"Going Places"
(Yep Roc; 12.8.2022)


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Foto: Josh Rouse

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