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Gewillt, sich eher wieder selbst den Schuh anzuziehen: Gisbert zu Knyphausen beim The Sound Of Bronkow Music Festival 2023

Wer nach Gisbert zu Knyphausen Ausschau hielt, kam zuletzt nur mit Mühe zum Ergebnis. "Das Licht dieser Welt" von 2017 bleibt vorerst sein jüngstes Album unter eigenem Namen, neben "Lass irre Hunde heulen", einem Gemeinschaftsprojekt mit Kai Schumacher und Neuinterpretationen von Liedern Franz Schuberts. Davor und danach war er im Verbund der Formation Husten untergetaucht. Der Auftritt beim The Sound Of Bronkow Music Festival 2023 wird auch nicht komplett solistisch absolviert, doch verdichten sich die Hinweise, dass die Absicht besteht, sich eher wieder selbst den Schuh anziehen zu wollen.

Dir ist das Sound Of Bronkow Music Festival von früheren Auftritten vertraut, worin besteht das Besondere der Veranstaltung?
Dass es ein kleines, feines Entdeckerfestival ist. Veranstalter und Publikum vereint die Lust, neben den bekannten Künstlern vielleicht auf eine neue, noch unbekannte Lieblingsband zu stoßen.

Seit einigen Jahren bist du selbst auch Veranstalter eines Festivals, auf dem Weingut deiner Familie im hessischen Rheingau. Was macht eine gute Festivalorganisation aus?
Dasselbe, was The Sound Of Bronkow ausmacht, nämlich dass das Publikum nichts vom Organisationsstress hinter den Kulissen mitbekommt und entspannt die Musik genießen kann. Darin liegt die größte Herausforderung.

Wie kam es, dass du ein eigenes Festival veranstalten wolltest?
Weil ich jedes Jahr ein Home-Coming-Konzert auf dem Weingut der Familie gab, mit Freunden im Vorprogramm. Nachdem mein Publikum so gewachsen war, dass wir eine große Bühne auf die Wiese stellen mussten, dachte ich, eigentlich könnten wir ein richtiges Festival veranstalten, mit anderen Bands. Wir versuchten es und es funktionierte.

Kommt dein Festivalpublikum aus der Region oder von weiter her?
Stammgäste kommen aus ganz Deutschland, andere aus der Region. Ich würde sagen, das verhält sich halbehalbe. Und sie kommen inzwischen nicht nur wegen mir, sondern wegen der Atmosphäre. Egal wer auftritt, sie kaufen sich ein Ticket und hoffen, dass etwas dabei ist, das ihnen gefällt. Wenn nicht, auch gut, dann hatten sie wenigstens eine angenehme Zeit. So nehme ich das jedenfalls inzwischen wahr.

Und die Festivalbesucher campieren dann bei euch auf der Wiese?
Einen richtigen Campingplatz können wir leider nicht anbieten, höchstens Stellflächen für Wohnmobile. Aber es gibt ausreichend Campingplätze in der Region, Pensionen bieten ebenfalls Übernachtungsmöglichkeiten. Frühzeitige Reservierungen sind erforderlich, der Rheingau ist ein beliebtes Ausflugsziel, wegen der Landschaft, wegen des Weins.

Wird bei euch zum Festival ein spezieller Wein ausgeschenkt?
Der Rheingau ist für seine Rieslingweine bekannt. Bei uns gibt es einen Wein, den wir früher Knippi nannten, heute bloß noch Knipp. Das ist ein leichter Sommerwein mit nicht zu viel Säure, den man bei heißem Wetter genießen kann. Und ein Rosé, die beiden sind die Hausmarken zum Festival.

Du bist seit 2017 mit Husten auch regelmäßig als Mitglied einer Band unterwegs, warum?
Ich glaube, ich langweile mich schnell, wenn ich über längere Zeit immer dasselbe mache und liebe es, Mitglied einer Band zu sein. Mir liegt nichts daran, dass sich ständig alles um mich dreht. Entstanden war die Band eher zufällig. Moses Schneider und Tobias Friedrich, die beiden Hauptmitglieder neben mir, hatten Songs geschrieben und suchten jemanden, der die Songs einsingt. Nach und nach ging aus der Zusammenarbeit eine feste Besetzung hervor. Songs schreiben wir gemeinsam, Tobias und ich meistens die Songtexte, die Musik entsteht im Kollektiv. Husten ist ein echtes Gemeinschaftsprojekt, wo ich lediglich das Gesicht nach außen bin, weil ich der Sänger bin. Zuletzt nahm die Band sehr viel mehr Raum ein, weil wir vergangenes Jahr das erste Mal Konzerte gaben, auf Tour gewesen sind und so viel Spaß hatten, dass wir gleich ein neues Album aufnehmen wollten. Das Album erscheint Ende September, im Anschluss und im nächsten Jahr gehen wir erneut auf Tour. Danach werde ich schauen, ob ich mich wieder auf eigene Sachen konzentrieren kann.

Woher der Bandname Husten?
Tobias kam auf die Idee, lange vor der Coronapandemie. Sonst könnte ich jetzt behaupten, der Bandname war eine Trotzreaktion auf das Virus, dass wir dem Husten seine Würde zurückgeben wollten.

Bei Sound Of Bronkow wirst du von Karl Ivar Refseth am Vibraphon begleitet. Willst du verraten, was auf der Setlist steht?
Stücke sämtlicher meiner drei Soloalben und einiges von Kid Kopphausen, meinem Duoprojekt mit Nils Koppruch. Das sind Lieder, die man kennt, wenn man an Gisbert zu Knyphausen denkt. Die Kombination mit dem Vibraphon funktioniert erstaunlich gut, Karl Ivar Refseth ist ein phantastischer Instrumentalist. Ich selbst spiele Akustikgitarre oder Keyboards und singe. Eine ungewöhnliche Konstellation, die vollständig aufgeht.

Wird es Songs aus dem Franz-Schubert-Album geben?
Daraus wird nichts zu hören sein, das würde ich gern für die Besetzung des Albums reserviert lassen. Oder wenn Kai und ich zu zweit auftreten, was auch manchmal vorkommt. Aber eigentlich wollen wir die Songs immer in großer Besetzung aufführen, mit zehn Musikern einschließlich meiner Wenigkeit. Franz Schubert soll dort seinen Platz haben, das muss nicht auf gewöhnlichen Gisbert-Konzerten passieren.

Was war die Idee hinter der Schubertiade auf "Lass irre Hunde heulen"?
Kai Schumacher, ein klassischer Konzertpianist, der auch Popmusik spielt, war Fan meiner Songs und hatte sich schon länger vorgenommen, Lieder von Franz Schubert von jemandem singen zu lassen, der kein klassisches Gesangstraining absolviert hat. Nach seinem Dafürhalten bringt der klassische Kunstliedvortrag etwas Distanzierendes in die Lieder. Er wollte das aufbrechen, schrieb mir und ich dachte, was für eine abgefahrene Idee! Ich kannte sehr wenige Schubert-Lieder, traf mich mit ihm und wir überlegten, wie sich das anhören könnte. Je weiter ich eingetaucht bin, desto mehr verliebte ich mich in die Klangwelt, die Melodien, die Harmonien und die große Schwermut, die mir sehr liegt. Die Originallieder sind unendlich pathetisch, die Texte romantische Gedichte voller Herzschmerz. Ich fand, dass das sehr gut zu meinem Empfinden passt, ich bin selbst ein romantischer Dichtertyp. Zumindest kann ich das sehr gut nachempfinden. Zuerst hatte ich beim Einsingen Probleme mit der alten Dichtsprache und überlegte kurz, ob ich mir die Texte moderner umschreiben sollte. Davon bin ich abgekommen, weil ich die Bruchlinie spannend fand, zwischen meiner Art des Vortrags und der alten Sprache. Es ist nach wie vor ein Projekt, das mich sehr glücklich macht. Jedes Mal, wenn wir ein Konzert geben, bin ich total erfüllt. Wir spielen nicht nur Schubert sondern auch Lieder von mir, arrangiert für große Besetzung und verbinden die verschiedenen Welten. Ich bin immer wieder hingerissen von dem großen Klangkörper aus Kontrabass, Streichern, Posaune, Schlagzeug, E-Gitarre und Kai am Flügel. Da komme ich ins Schwärmen, vielleicht lassen wir einen zweiten Teil folgen. Aber als nächstes will ich eine neue Gisbert-Platte machen.

Der 2019 verstorbene Dresdner Tenor Peter Schreier galt als namhafter Interpret der Lieder Franz Schuberts. Seid ihr im Rahmen eures Projekts auf ihn gestoßen?
Wenn ich mich recht entsinne, ist unsere Version von "Aufenthalt" inspiriert von seiner Version, die in einem schnelleren Tempo eingesungen ist als beispielsweise bei Dietrich Fischer-Dieskau. Dieselbe Dringlichkeit wollten wir auch hinbekommen.
Bernd Gürtler SAX 9/23


The Sound Of Bronkow Music Festival; Dresden, Societaetstheater 8.-10.9.2023

Festivalwebsite / Tickets


Freitag
Kapa Tult (D) Lounge
Stella Sommer (D) Saal
Annie Taylor (CH) Lounge
Voodoo Jürgens (A) Saal

Samstag
Meagre Martin (D) Garten
Mone (D) Garten
Hotel Rimini (D) Garten
Highway Patrol (D) Saal
Classic Water (NL) Garten
Cosmic Crooner (NL) Saal
Otis Mensah (GB) Lounge
Daisy The Great (USA) Saal

Sonntag
Komplizen (D) Garten
Forest Ray (USA) Garten
Simon Joyner (USA) Garten
Augusta (F) Garten
Life & Now To Live It (D) Lounge
Gisbert zu Knyphausen (D) Saal

Foto: Dennis Williamson
Foto: Dennis Williamson
Foto: Dennis Williamson
Foto: Dennis Williamson
Foto: Holly Friedrich

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