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Abrakadabra und dreimal schwarzer Kater: Alan Parsons schwingt den Zauberstab

Seit seiner Kindheit ist Alan Parsons begeisterter Anhänger der Zauberkunst. Auf den Geschmack brachte ihn ein Zauberkastenset, das er zu Weihnachten geschenkt bekam. Der gebürtige Brite, vergangenen Dezember siebzig geworden, sammelt Zaubertricks und gibt selbst welche zum Besten. Freilich im Kreise der Familie oder vor Freunden höchstens. Bis auf neulich, als er den "Hopping Half", seinen Lieblingstrick, ausgeführt mit einer Silber- und einer Kupfermünze bei CNN vor laufender Kamera zeigen durfte. "Weiß nicht, ob sie es verwendet haben", gesteht er bei einer Telefonverabredung anlässlich seines jüngsten Soloalbums "The Secret" (Frontiers). Und dass er Mitglied der Academy Of Magic Arts, der amerikanischen Vereinigung der Zauberkünstler sei und des Öfteren Gast in deren Hauptquartier, dem Magic Castle von Hollywood.

Weshalb gerade das bei dem Interviewtermin zur Debatte stand? Weil "The Secret" der Zauberkunst ein klingendes Denkmal setzt, hinweg über das gesamte Spektrum bis in den Übergang zur Magie. Das Konzept erinnert sehr an sein Albumdebüt mit dem Alan Parsons Project, "Tales Of Mystery And Imagination" von 1976 und Nachfolgeklassiker wie "I Robot" oder "Pyramide". Die Songs sind eingebettet in opulente Orchesterarrangements und werden manchmal zusammengehalten durch Alltagsgeräusche im Sinne der Musique concrète, wie Alan Parsons es bei Pink Floyds "Dark Side Of The Moon" als Toningenieur durchexerziert hatte, nachdem er den Beatles bei deren Abschiedsalbum "Let It Be" beigesprungen war. Neben dem Zauberstab schwingt Chefproduzent Parsons auch diesmal wieder den Taktstock und sorgt dafür, dass die beeindruckende Schar der Mitwirkenden ein homogenes Ganzes ergibt. An Prominenz unter anderem dabei, Gitarrist Steve Hackett von ehemals Genesis. Neu eingereiht hat sich ein gewisser Jason Mraz als Sänger. Das Songwriting teilen sich verschiedene Autoren. Ein Zweiergespann wie mit dem 2009 verstorbenen Eric Woolfson wollte sich offenbar nicht wieder ergeben.

Die Zauberkunst ist also der Themenschwerpunkt auf "The Secret"?!
Ja, und naheliegend sicherlich bei meiner lebenslangen Beschäftigung mit der Materie.

Welches sind deine Favoriten unter den Profizauberkünstlern?
Der Amerikaner John Carney, ein Slight-Of-Hand-Artist und siebenfacher Gewinner des Magic Castle Awards. Siegfried & Roy mochte ich auch. Leider mussten sie nach dem tragischen Unfall mit ihrem weißen Tiger von der Bühne abtreten. Ich konnte die beiden in Japan sogar persönlich treffen.

Wie kam das?
Mein Songschreiberpartner Eric Woolfson und ich besuchten sie im Anschluss an einen Auftritt in Osaka Backstage in ihrem Wohlfühlbereich. Der Tiger saß oben auf einem Hochregal, ohne jede Sicherung. Ein verhängnisvoller Umgang mit dem Tier, wie wir heute wissen. Aber solche Großillusionen sind nicht ganz so mein Fall. Eigentlich mag ich eher das, was unter Close-Up-Zauberei zusammengefasst wird. Münzentricks, Spielkartentricks, das Kaninchen aus dem Hut. Alles, was mit den Händen direkt vor den Augen des staunenden Publikums dargeboten wird.

Im Booklet zum neuen Album sind historische Plakate von Zauberkünstlern früherer Epochen abgebildet. Schon die Namen klingen sensationell, Thurston The Famous Magician, Herrmann The Great …
… oder Jean Eugène Robert-Houdin, Houdinis französisches Zauberkünstleridol, nach dem er sich benannte. Houdini hieß eigentlich Erik Weisz. Zauberkünstler sind damals echte Publikumsmagneten gewesen, sie konnten die größten Veranstaltungshäuser füllen.

Ein Song auf "The Secret" heißt "Miracle". Eine Textzeile lautet, "Show me a miracle/Show me the real me". Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Textpassage und dem Zauberkunstthema?
Wenn ein Zaubertrick seinem Höhepunkt entgegenstrebt, sprechen Zauberkünstler von einem Miracle. Der Song ist in gewisser Weise ein Miracle, ein Wunder. Ich bin sehr froh, dass sich Jason Mraz als Sänger gewinnen ließ.

Woher kennt ihr euch?
Miteinander bekannt gemacht hat uns ein Nachbar bei mir zu Hause in Santa Barbara, Kalifornien, der Kaffee anbaut, was ziemlich ungewöhnlich ist. Zwei Jahre ist das her. Jason hatte eine eigene Version des Alan-Parsons-Project-Songs "I Am The Sky" eingespielt. Einfach so, zum eigenen Vergnügen. Als "The Secret" entstand, dachte ich, Jason könnte "Miracle" singen. Ich schickte ihm den Song, er mochte ihn und sang ihn. Interessant ist vielleicht, dass er seinen Gesangspart in einem Studio in Dallas, Texas aufnahm, während ich in Kalifornien übers Internet zuhörte. Wir befanden uns nicht im selben Raum! Internetrecording ist längst eine gängige Praxis!

Zu "Soirée Fantastique" zeigt das CD-Booklet die Glaspyramide des Pariser Louvre. Oben auf der Spitze steht ein Mann und etwas, das aussieht wie ein Blitz züngelt nach unten. Worum geht es da?
Das Bild soll dem Song ein französisches Flair verleihen, sonst eigentlich gar nichts. Wir haben Pariser Straßengeräusche eingeflochten und die Glocken von Notre Dame, von uns aufgenommen kurz bevor der Dachstuhl der Kirche in Flammen aufging.

Bei "Fly To Me" verwandelt sich die Zauberkunst in Magie, richtig? Und gemeint ist die Magie des Lebens?!
Durchaus, der Song hat eine abstraktere Bedeutung jenseits der Zauberkunst als Entertainmenthandwerk. Mark Mikel, von dem der Songtext stammt, hat einen exzellenten Job gemacht. Ich würde sagen, es ist das erste Mal, dass das Wort "superfluous" in einen Rocksong vorkommt; "What can I say about magic/That's not superfluous/How can I wave a wand and make/What's not right here for us."

"One Note Symphony" scheint dann ein Gebet für Weltfrieden und ein globales Miteinander zu sein?!
Interessant, wie du das interpretierst. Tatsächlich geht es um eine Frequenz, die sich im gesamten Universum nachweisen lässt. Die sogenannte Schumann-Resonanz von 7.83 Hz. Wissenschaftler behaupten, dass es diese Magnetwellen sind, von denen das gesamte Universum zusammengehalten wird. Deshalb ist die Melodie des Songs aus einer einzelnen Note entwickelt.

Eine verrückte Idee, wirklich!
Der Lorbeer gebührt Todd Cooper, ein großartiger Songtextschreiber. Der wissenschaftliche Aspekt ist seiner und meiner Bekanntschaft mit Wissenschaftlern der NASA geschuldet. Von einer kalifornischen Air-Force-Basis ganz in der Nähe wo ich lebe, finden regelmäßig Raketenstarts statt. Anlässlich eines Special Events zum fünfzigsten Jahrestages von Neil Armstrongs Mondlandung, haben wir das Stück in Coca Beach, Florida aufgeführt, in der Nähe des Kennedy Space Centers.

Welches Geheimnis offenbart sich dem Hörer am Ende? Immerhin heißt das Album "The Secret".
Das wird nicht verraten, kein Zauberkünstler verrät seine Tricks!

Das eröffnende "The Sorcerer's Apprentice", eine Orchesterkomposition des Franzosen Paul Dukas, basierend auf Goethes Gedicht vom Zauberlehrling erinnert daran, dass Zaubertricks mitunter mächtig in die Hose gehen können.
Korrekt, die meisten dürften das Stück aus Walt Disneys Zeichentrickfilm "Fantasia" kennen und mit Mickey Mouse in Verbindung bringen. Mickey Mouse als Zauberlehrling, der den Besen dazu bringt, die Wassereimer zu schleppen. Dumm nur, dass er die Kräfte, die er gerufen, nicht stoppen kann. Ich dachte, wäre es nicht eine schöne Idee, eine Rockversion davon anzufertigen. Als Gitarristen konnten wir den grandiosen Steve Hackett gewinnen. Bernd Gürtler/TM


Alan Parsons
"The Secret"
(Frontiers; 26.4.2019)


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Foto: Simon Lowery

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