|   Rezension

Liz Phair

Soberish

(PIAS)

Das gab es immer, auch schon vor den feministischen Emanzipationsbestrebungen der Gegenwart, dass Frauen weibliche Rollenklischees entschieden ablehnen und selbstbestimmt handeln. Wenn einem stellvertretend für die Rockwelt nicht sofort Liz Phair als prominente Vorreiterin einfällt, dann schlichtweg deshalb, weil sie vor knapp zehn Jahren aus der Öffentlichkeit verschwand. Sie und ihr Künstler-Ich waren einander fremd geworden, lieber wollte sie Mutter sein und ihren Sohn großziehen, lässt die gebürtige Amerikanerin im Presseinfo des Schallplattenlabels jetzt zum neuen Album "Soberish" ausrichten.

Liz Phair wollte es wissen, von Anfang an. Ihr Debütalbum "Exile In Guysville" von 1993, bezogen im Albumtitel auf Urge Overkill und deren "Goodbye To Guysville" und angelegt Song für Song als Antwort auf "Exile On Mainstreet" von den Rolling Stones. Die stets brunftige Platzhirschtruppe aus Jungshausen, mit dem menschgewordenen Phallus Mick Jagger als Frontmann, bekam plötzlich die geballte Weiblichkeit entgegengehalten, "from postfeminist mournfulness ('Whatever happened to a boyfriend/The kind of guy who makes love 'cause he's in it?') to post-postfeminist horniness ('I want to be your blowjob queen'), from dissections of the male psyche ('I bet you fall in bed too easily') to her own ('I get away/Almost every day/With what the girls call murder')", wie es die amerikanische Tageszeitung Chicago Reader treffsicher formulierte.

Sämtliche Nachfolgealben bis zur Elternzeitpause sind kaum weniger eindeutig und sollten dank eines sicheren Gespürs für eingängige Melodien sogar mehrere Hitsingles abwerfen. Ein zappaeskes Bobby-Brown-Moment, das sich auf "Soberish" in aktualisierter Form wiederfindet und nicht unbemerkt von der Künstlerin auf veränderte Rahmenbedingungen trifft. Bei ihrer Rückkehr ins Rampenlicht stellt die Adoptivtochter eines Akademikerehepaares, geboren 1967 in Chicago, begeistert fest, dass Frauen inzwischen weitaus öfter ansagen, wo es langzugehen hat. Sie komme sich vor, sagt Liz Phair, "like going away for a while and coming back, and there are tons of people speaking your language. It feels like an entirely different landscape, one that I want to be part of and not miss out on." BG/TM


Liz Phair
"Soberish"
(PIAS; 4.6.2021)


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Foto: Eszter David

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