|   Rezension

Cat Power

Wanderer

(Domino)

Eigentlich müssten sie bei Matador Records geübt sein im Umgang mit schöpferisch tätigen, selbständigen Frauen, ihr Künstlerverzeichnis nennt immerhin Liz Phair, Sleater-Kinney und Yo La Tango. Trotzdem sollte sich das nächste Cat-Power-Album nach dem Willen der Plattenfirma an Adeles "25" orientieren und massenkompatibler werden. Ein selbstverständlich inakzeptables Ansinnen, so dass jetzt ein anderes Label den Erfolg einfährt und ihr altes den Stinkefinger hingestreckt bekommt.

"If I had a dime for every time/Tell I'm not what you need/If I had a quarter I would pull it together/And I would take it to the bank and then leave", spöttelt es süffisant in "Woman", einem Duett mit Lena Del Ray. Aber Chan Marshall, die Kreativschaffende hinter Cat Power ist Kummer gewohnt. Als Scheidungskind vielfach umgezogen, fällt es ihr später selbst schwer, Beziehungen aufrecht zu halten. Sie entwickelt eine fatale Neigung zu Alkohol und Drogen, wird bei Bühnenauftritten jahrelang von einem furchtbaren Lampenfieber geplagt. Einen scharfen Kontrapunkt zum katastrophengeschüttelten Lebensalltag bilden die rigoros in sich gekehrten Albumeinspielungen, bei ständig reduzierteren musikalischen Mitteln. Auf "Wanderer" reichen inzwischen dezente Akustikgitarren, etwas Perkussion und freischwebende Pianocluster, um ihren zerbrechlichen Gesang aufzufangen. Der Titelsong wird zur Eröffnung komplett Acapella gesungen. Auf dem Frontcover abgebildet das, was der sechsundvierzigjährigen Amerikanerin im Augenblick am wichtigsten ist, ihr dreijähriger Sohn und ihre Gitarre.
Bernd Gürtler/TM


Cat Power
"Wanderer"
(Domino; 5.10.2018)


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Foto: Eliot Lee Hazel

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