|   Rezension

Neil Young

Homegrown

(Reprise)

Selten, dass eine Archivveröffentlichung solche Medienresonanz erzielt. Songmaterial, das vom Schallplattenlabel oder den Künstlern selbst zurückgehalten wurde, ist in der Regel ein Nischenthema. Bei Neil Young nicht anders, außer diesmal eben. "Homegrown", jetzt in ursprünglich angedachter Form erschienen, sollte 1975 "Time Fades Away" sowie "On The Beach" nachfolgen und unbedingt ein Kassenschlager werden wie "After The Goldrush" beziehungsweise "Harvest". Weil ihm schien, dass er allzu Privates preisgibt, beschloss Neil Young stattdessen mit dem todtraurigen "Tonight's The Night" fortzufahren.

Fünf der zwölf Songs auf "Homegrown" sind später teils in Neueinspielungen auf anderen seiner Alben wiedergekehrt und von dort in bester Erinnerung. "White Line" war Bestandteil von "Ragged Glory", "Little Wing" von "Hawks & Doves", "Star Of Bethlehem" sowie "Homegrown" von "American Stars 'N Bars", "Love Like A Rose" von "Decade", der berühmten Dreifachalbumwerkschau.

Der Rest ist offiziell bislang unveröffentlicht, wobei "Separate Ways" tief ins Persönliche blicken lässt. Die Trennungsgeschichte betrifft die Mutter seines jüngsten Sohnes, Schauspielerin Carrie Snodgress und Angebetete aus "A Man Needs A Maid". "We Don't Smoke It No More" kommt mehr oder weniger als Blues daher, einer Stilform, deren sich Neil Young selten befleißigt. Geradezu prophetisch "Florida", ein Sprechstück, das die Terroranschläge von 9/11 vorwegzunehmen scheint. Ob das wirklich das Erfolgsalbum geworden wäre, das Neil Young und seine Schallplattenfirma sich erhofft hatten, wer weiß. Eine runde Sache ist die Scheibe. "Comes A Time" grüßt bereits aus der Ferne.
BG/TM


Neil Young
"Homegrown"
(Reprise; 19.6.2020)


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