Die Titelzeile des eröffnenden "To The Bin My Friend, Tonight We Vacate Earth" wird eingangs von einer männlichen Stimme rezitiert und lässt sich mühelos als Anspielung auf die Coronapandemie deuten, ist letztlich aber doch nur eine Traumsentenz, die Benjamin John Power von den befreundeten Blanck Mass zur Verfügung stellte. "We are just a bunch of boys playing music in a room. We never talk about meaning", werden Mogwai treffend im Pressematerial zitiert. Lobenswert ihre Denkart in Zeiten, da soziale Medien noch den hässlichsten Geistesfurz megaphonmäßig in die Welt pusten.
Kurioserweise dürfte ausgerechnet "As The Love Continues" breitere Hörerschichten erschließen, schlicht wegen der ungemein facettenreichen Arrangements. Eine Freude zuzuhören, wie sich Gitarren mit charmanten Pianomelodien, Gitarren mit massiven Bassläufen, Gitarren mit dröhnenden Moog Synthesizern oder elektronischem Schlagzeugmaschinengeklapper verweben. Das ausnahmsweise durchgehend gesungene "Ritchie Sacramento" sowie "Ceiling Granny", eine grungerockig wuchtige Gewitterböe, unterbrechen die weniger an Pink Floyd erinnernde als beim Endloscharakter von Kraftwerks "Autobahn" oder Neus! "Hallogallo" abgelauschte epische Opulenz. Beide Stücke liefern ungewöhnlich auskopplungsfähiges, fast songhaftes Singlesmaterial.
Ursprünglich angedacht war, dass "As The Love Continues" in den USA entsteht, was wegen Corona leider ausfallen musste. Stattdessen wurde ein Studio im mittelenglischen Worcestershire angemietet, und der amerikanische Produzent Dave Fridmann beaufsichtigte die Einspielung als überseeischer Central Scrutinizer via Zoom. Bereits vor Corona eine im Populärmusikbereich inzwischen häufiger angewandte Praxis. Vielleicht sollten bundesdeutsche Schulbehörden um einen Beratungstermin ersuchen, um endlich reibungsloses Homeschooling flächendeckend hinzukriegen?
Bernd Gürtler/TM
Mogwai
"As The Love Continues"
(PIAS; 19.2.2021)
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