|   Rezension

Khruangbin

Mordechai

(Dead Oceans/Cargo)

Flugzeuge im Bauch? Gut möglich nach dem Hörgenuss dieser Band. Nicht nur, weil der Bandname aus dem Thailändischen kommt und Flugzeug bedeutet. Khruangbin besetzen eine Stilkategorie, die noch nicht erfunden ist, während sie selbst sich bei Psychedelic Rock, Surf Music, Dub Reggae, Southeast Asian Funk, Middle Eastern Soul oder wer weiß was bedienen. Miteinander verbunden, meist unter Verzicht auf Gesangseinlagen, ergeben die Elemente ein atmosphärisches Chillouterlebnis. Denn das ist das Besondere an der texanischen Trioformation, ihr mit Händen greifbares Entschleunigungsmoment.

Mark Speer, Gitarrist bei Khruangbin, teilt mit Bassistin Laura Lee eine Begeisterung für afghanische Populärmusik und Architektur des Nahen Ostens. Er bringt ihr das Spielen bei, was erklären dürfte, weshalb ihre beiden Instrumente sich derart formvollendet umgarnen, ergänzen, gegenseitig anspornen. Einen optimalen Entfaltungsrahmen setzt Schlagzeuger Donald Ray Johnson Jr., der dritte im Bunde; er und Mark Speer kennen sich von gemeinsamen Kirchenchorbegleitungen an der St. John's United Methodist Church von Houston, Texas. Derselben Gemeinde, der Beyoncé, Solange und die übrige Familie Knowles angehören.

Ihr Karrierestart verdankt sich allerdings weder Beyoncé noch deren Ehemann Jay-Z, von dem es heißt, er hätte bei einem New Yorker Schallplattenhändler Khruangbins zweites Album "Con Todo El Mundo" erworben. Der britische Produzent DJ Bonobo ist es vielmehr gewesen, der eins ihrer Stücke in seine Zusammenstellung für die Compilationreihe "Late Night Tales" übernimmt und weit darüber hinaus nach Kräften die Werbetrommel rührt. Das Debütalbum "The Universe Smiles Upon You" erscheint dann auch bei einem britischen Schallplattenlabel, über den Umweg Großbritannien gelingt der weltweite Durchbruch.

Besonders Laura Lee Ochoa, wie sie bürgerlich heißt, wird vom Erfolg regelrecht überrollt. Weshalb sie die Einladung britischer Freunde zu einem Campingausflug annimmt, wo ihr ein Mann namens Mordechai und dessen Söhne begegnen, mit denen sich essentielle Fragen des Lebens erörtern lassen. Am Ende stand die Erkenntnis, dass das Leben eine Reise ist, mit dem Tod als ultimativer Endstation und jeder seine Wegstrecke möglichst ohne unnötige Hast zurücklegen sollte. Konnte jedenfalls die New York Times in Erfahrung bringen und dass das dritte, reguläre Khruangbin-Studioalbum "Mordechai" angelegt ist als nostalgische Rückschau "that explores human memory. 'Dearest Alfred' lionizes the letters that Lee's grandfather would write to his twin brother, and 'If There Is No Question' recalls the gospel songs Speer and Johnson would perform in church. On 'Shida', the album’s sultry closer, Khruangbin turns its attention to the early 1980s, bringing elements of Sade to mind, with gentle vocal sighs floating along the fringes and ethereal guitar chords pinned to the back of the mix".
BG/TM


Khruangbin
"Mordechai"
(Dead Oceans/Cargo; 26.6.2020)


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Foto: Pooneh Ghana

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