|   Rezension

Can

Live In Stuttgart 1975

(Spoon)

Eine denkbar ungeeignete Veröffentlichung, wenn jemand überhaupt noch nichts von Can in seinen Tonträgerbeständen hat, sich aber gern ausstatten möchte. Sollte das der Fall sein, besser mit "Anthology" oder "The Singles" beginnen und dann "Monster Movie", "Soundtracks", "Tago Mago", "Ege Bamyasi", "Future Days" sowie "Soon Over Babaluma" nachlegen. Wer hingegen die Klassiker bereits sein Eigen nennt, womöglich sogar den gesamten Rest besitzt, der von den westdeutschen Krautrockern bislang veröffentlicht wurde, dürfte bei "Live In Stuttgart 1975" auf seine Kosten kommen.

Die Band in Hochform und in Quartettbesetzung! Bestritten der Auftritt in der baden-württembergischen Landeshauptstadt von Irmin Schmidt, Jaki Liebezeit, Michael Karoli und Holger Czukay, ohne Malcolm Mooney, ohne Damo Suzuki, ohne sonst irgendeiner Gesangsstimme.

Die durchnummerierten fünf Stücke der Doppel-CD sind reine Instrumentalstücke und frei improvisiert. Oder Instant Compositions, wie die Bezeichnung vonseiten der Band vorzugsweise lautet, zwecks Abgrenzung gegenüber dem planlosen Jamsessiongedaddel mancher Jazzcombo oder mittelmäßigen Rockkapelle. Can ließen sich vom Moment inspirieren, eher unüblich bei ihnen, für die Konzertbühne mehr oder weniger originalgetreue Reproduktionen der Studioalben anzufertigen. Wurde es dennoch versucht, war selbst "Spoon", ihr einziger wirklicher Hit, bis zur Unkenntlichkeit ausimprovisiert; siehe die Version auf "Live 1971-1977". Auch "Live In Stuttgart 1975" lässt Motive aus "Dizzy Dizzy", "Bel Air" oder "Vitamin C" anklingen. Das eigentlich Spannende aber ist die minimalistische Binneninteraktion der vier Akteure, wie sie sich die Ideen gegenseitig zuspielen und weiterentwickeln, gelenkt und geleitet von Jaki Liebezeit und Holger Czukay an Schlagzeug beziehungsweise Bass. Für Kenner eine famose Ergänzung zum Boxset "The Lost Tapes" und den grandiosen "Peel Sessions".
BG/TM 


Can
"Live In Stuttgart 1975"
(Spoon; 28.5.2021)


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Foto: Spoon Records

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