Inzwischen hat die Sitzengelassene mit dem Erinnerungsbuch "Girl In A Band" ihre Sicht der Dinge dargelegt und Einblick in den angeblich alternativen, jedoch ebenso von Männern dominierten Undergroundrock damals gegeben. Ob Thurston Moore die Druckschrift inzwischen gelesen hat? Überhaupt die Zeit dazu fand? Man weiß es nicht. Seit er 1976 von Bethel, Connecticut, wo er aufgewachsen ist, nach New York zog und als Gitarrist Anschluss an die Progressive-Rock-Formation The Coachmen fand, ist er ein Vielbeschäftigter, ständig in Aktion.
Nick Soulsbys dreihundert Seiten starkes Kompendium "Thurston Moore-We Sing A New Language" ist ausschließlich mit Aufzählungen und Kommentaren beteiligter Musikkollegen einzig und allein zu Solounterfangen außerhalb von Sonic Youth gefüllt. Da ist einiges zusammengekommen, Dutzende Alben mit zähesten Gitarrenfeedbacks, freien Improvisationen und Elektrogegniedel. Kollaborationen mit Glen Brancas Guitar Orchestra oder John Zorn, mit Lydia Lunch oder Michael Giras The Swans.
Er ist songorientierten Punkbands wie den Velvet Monkeys oder Gumball beigesprungen, verhalf Richard Hell und dessen Dim Stars zu Schallplattenveröffentlichungen. 1994 war er neben Dave Grohl, Gregg Dulli und Don Flemming am Soundtrack zum Beatles-Biopic "Backbeat" beteiligt. 1998 folgt das ambitionierte Sonic Youth-Remixe-Projekt "Roots", 2012 mit Yoko Ono als dritter im Bunde das Album "Yokokimthurston".
Sein erstes richtiges Soloalbum, das seinen Namen trägt, erschien 1994 mit dem noch sehr nach Sonic Youth klingenden "Psychic Hearts". Richtig interessant wird es 2011 bei "Demolished Thoughts". Unter produzentischer Aufsicht von Beck Hansen, der mehrmals auch als Sänger einspringt, wird dort das Sonic Youth'sche Gitarrenspiel, das eher durch ungewöhnliche Gitarrenstimmungen und präparierte Instrumente als perfektes Handwerk erzielt wird, auf die Akustikgitarre übertragen. Mit Folk hat das wenig zu tun, genauso wie John Fahey kein Blueser war, bloß weil er gelegentlich zur Slidegitarre gegriffen hat.
Im Frühjahr 2017 folgt mit "Rock'n'Roll Consciousness" ein weiteres Soloalbum, das traditioneller wirkt, buddhistische Ideen mit dem Geist des Rock verbindet und unter Mitwirkung der My Blood Valentine-Bassistin Debbie Googe, des Sonic Youth-Schlagzeugers Steve Shelly und James Sedwards als zweiten Gitarristen entstand. Drei der fünf Songtexte schrieb der/die Londoner Transgender-Poet/in Radieux Radio.
Veröffentlichungen mit Archivmaterial wie "In/Out/Out" oder die über Bandcamp offiziell zugänglich gemachten Konzertmitschnitte von Sonic Youth befeuern 2020/22 Spekulationen um eine Reunion der Band. Lee Ranaldo, wenn gefragt, will vorsichtshalber nichts ausschließen. Thurston Moore schafft Tatsachen und verfolgt weiter Soloprojekte. Seine Europatournee vom März 2023 steht unter dem Motto seines vorletzten Soloalbums "By The Fire". Die Scheibe sei, konnte das Musikmagazin Spin in Erfahrung bringen, "a political move. Any time you put out a record, a book, a fanzine, a blog, a cassette, a CD, whatever you're doing, that's a political move. You're actually engaging in a social world. I called it By the Fire because of that. It's the idea of people sitting around a fire and dialoguing." Bernd Gürtler/TM
Thurston Moore
"By The Fire"
(Daydream Library; 2.10.2020)
Thurston Moore im Netz
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Konzerte
16.03.23 Köln, Kulturkirche
18.03.23 Dresden, Beatpol
20.03.23 Berlin, Festsaal Kreuzberg
22.03.23 Bielefeld, Forum
23.03.23 Hamburg, Kent Club
25.03.23 München, Strom
26.03.23 Reutlingen, Franz K
