|   Rezension

Lee Ranaldo & Raül Refree

Names Of North End Women

(Mute/PIAS)

Ständig auf dem Sprung und nie abgeneigt, wenn neue Herausforderungen winken. Eine Eigenschaft, die Lee Ranaldo auszeichnet, seit er zu Beginn der achtziger Jahre in New York Sonic Youth mitbegründete. "Names Of North End Women" ist seine dritte Kooperation mit Raül Refree, einem gefragten Produzenten und Soundtrackkomponisten, der in seiner Heimat Spanien als Mitglied der Hardcoreband Corn Flakes gestartet ist. Bloß macht sich diesmal die Nennung des Kreativpartners im Albumtitel unumgänglich, zu essenziell sein Beitrag.

Ihre erste Begegnung geht zurück auf das Jahr 2014, als Lee Ranaldo mit seiner Soloformation The Dust wegen eines geplatzten Festivalauftritts in Marokko in Barcelona festsaß und zum Zeitvertreib akustische Versionen von Songs seiner beiden jüngsten Soloalben "Between The Times And The Tides" sowie "Last Night On Earth" einspielen wollte. Ein Produzent wurde benötigt, Raül Refree konnte aushelfen, "Acoustic Dust" hieß dann das Album. Die nächste Zusammenarbeit ergab sich bei "Electric Trim", einer weiteren Soloveröffentlichung von Lee Ranaldo, erschienen 2017.

Jetzt bei "Names Of North End Women", reduzieren sie als herausragende Gitarristen, die sie beide sind, die Gitarre auf ein untergeordnetes Gestaltungselement, verabschieden sie sich vom Bandkonzept und arbeiten mehr mit Loops und Samples. Genauer noch, sie vertonen von Lee Ranaldo gemeinsam mit dem amerikanischen Schriftsteller Jonathan Lethem verfasste Songlyrics "more in the electronic or contempoary music landscape" eines Ryuichi Sakamoto, Arthur Russell, Conlon Nancarrow oder Steve Reich, wie es im Presseinfo des Schallplattenlabels heißt. Als Referenz hätte genauso gut das erste Stück von Raül Refrees "Nova Creu Alta" dienen können, die Ähnlichkeiten sind mehr als verblüffend. Bezeichnenderweise ist er es gewesen, der eine nongitarristische, nicht bandfokussierte Arbeitsweise als Idee einbrachte. Wobei sich das alles weitaus aufregender anhört, als es sich mit Worten beschreiben lässt. Dramatisch aufregender sogar noch als die Nachricht, dass Sonic Youth eine Reunion planen. Wozu das, auch die Soloprojekte von Thurston Moore und Kim Gordon sind deutlich interessanter.
Bernd Gürtler/TM


Lee Ranaldo & Raül Refree
"Names Of North End Women"
(Mute 21.2.2020)


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Foto: Anna Bogaciova

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