|   Rezension

Neko Case

Neon Grey Midnight Green

(Anti)

Ich schaffe, also bin ich. Neko Case schafft ohne Unterlass. Ihre Autobiographie "The Harder I Fight The More I Love You: A Memoir" vom Januar 2025 und das achte Studioalbum "Neon Grey Midnight Green", jetzt im Herbst erschienen, sind höchstens Bruchteile des jemals bewältigten Pensums.

Der Bucheinband von "The Harder I Fight The More I Love You: A Memoir" zeigt Neko Case als Dreikäsehoch mit Kuschelkätzchen im Arm, hinter ihr ein schwarzes Monster nachträglich in die Fotografie gemalt. Das Monster sei ihr Freund, ihr Beschützer, ihre Wut und vielfache Rettung gewesen, konnte der US-Fernsehsender PBS in Erfahrung bringen, nicht ohne Anhaltspunkte mitzuliefern, die Ursachen der Wut betreffend. Als da wäre, dass, als Neko Case zur Welt kommt, ihre Eltern noch halbe Teenager sind, reichlich überfordert von ihrem Kind. Recht bald gehen Vater und Mutter getrennte Wege, das Kind wächst auf bei seiner Mutter und einem Stiefvater, der kaum ein Wort mit ihr wechselt. Die meiste Zeit des Tages ist Neko Case auf sich gestellt, in der freien Natur, mit Tieren als Gefährten, ungewiss, wer sie ist, ob weiblichen oder männlichen Geschlechts.

Punkrock und ein Kunststudium an der Emily Carr University Of Art And Design im kanadischen Vancouver, eröffnen willkommene Auswege. Beides mündet nahtlos in ein ausgefülltes Musikantendasein, als Schlagzeugerin bei diversen Regionalbands, später in Seattle als Gitarristin und Sängerin bei The New Pornographers beziehungsweise The Sadies. Eine Unmenge von Gastauftritten und Compilationbeiträgen kommt über die Jahre zusammen. Erstaunlich, dass Zeit bleibt für Soloaktivitäten und Albumeinspielungen entstehen, die stets vorzüglich geraten.

An "Neon Grey Midnight Green" jedenfalls gibt es nichts zu meckern, der facettenreiche Rock diesmal streckenweise durch Streicherbegleitung verfeinert. Thema sind Menschen, deren Wege sich mit den ihren kreuzen sollten. Konkrete Personen werden durch bildhafte Metaphorik unkenntlich gemacht. Manchmal leuchten Sätze auf wie "Now I feel as lonely as you must have been then/You said it’s nothing to be a pretty girl!/This world eats pretty girls like peanuts" in "An Ice Age" oder "Love songs mostly sound the same/An exercise in futility for me" in "Rusty Mountain".

Was wird die Nachfahrin ukrainischer Emigranten und Großnichte der professionellen Wrestlerin Ella Waldek als Nächstes in Angriff nehmen? Die Rede ist von einer Musicaladaption des Emanzipationsdramas "Thelma & Louise", in der Kinofassung mit Susan Sarandon und Geena Davis als Hauptakteuren und Musik von Chris Whitley in verschiedenen Schlüsselszenen.
Bernd Gürtler/TM


Neko Case
"Neon Grey Midnight Green"
(Anti; 26.9.25)


Neko Case im Netz
Website | Facebook | Instagram | Twitter | YouTube | Spotify | Deezer | Apple | Bandcamp

Foto: Ebru Yildiz

neue Beiträge