Von den Catskill Mountain, seinem Interimslebensmittelpunkt Upstate New York, ist Wreckless Eric erst neulich nach Großbritannien zurückgekehrt, wo er in Newhaven, East Sussex als Eric Goulden geboren wurde. Sein Künstlerpseudonym verdankt der Neunundsechzigjährige seiner Unberechenbarkeit aus Tagen, als seine Vorstellung von ausgewogener Ernährung einer "bloody mary and a packet of peanuts" entsprach, konnte ebenfalls The Guardian in Erfahrung bringen und dass er den Namen zeitweise als Zweitidentität gegenüber dem Sozialamt nutzte, um doppelt Stütze abzufassen. Inzwischen erscheint ihm das Wreckless Eric durchaus passend, weil es für ihn, wie er selbst sagt, beständig bergab gegangen sei seit seiner Debütsingle, dem Überraschungshit "Whole Wide World", veröffentlicht 1977 im Sternzeichen des Punkrock auf Stiff Records.
HiFi-Fetischisten dürften nach der Lektüre von "Leisureland" ähnliche Schlüsse ziehen, der Sound eine wahrhaftige Zumutung. Billige Drumcomputer scheppern, schrottige Gitarren schnarren, mitunter scheint der Gesang zu verraten, dass Wreckless Erics Lunge durch die Coronaerkrankung arg in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Aber immer wieder brechen charmante Ohrwurmmelodien hervor und "Standing Water", der Song, der als erstes fertiggestellt war, handelt von Cromer, einer britischen Hafenstadt ähnlich Newhaven, bloß viereinhalb Autostunden nordöstlich in North Norfolk gelegen. Wreckless Eric beschloss daraufhin, dass auch die übrigen Songs des Albums von britischen Hafenstädten und ihrer Tristesse vor, erst recht aber nach dem Brexit handeln sollten. Wie "Leisureland" klingt, so fühlt es sich an, wenn die weite, weite Welt eine Spielothek im Vergnügungspark an der Strandpromenade ist, links und rechts ehemals florierende Souvenirshops, Cafés und Pubs.
Bernd Gürtler/TM
Wreckless Eric
"Leisureland"
(Tapete; 25.8.23)
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