|   Rezension

Swans

The Beggar

(Mute)

Wer vom Konzertbesuch bei den Swans ernsthafte Gehörschädigungen davonträgt, hat bloß nichts verstanden. Die repetitiven, bei Bühnenauftritten ins Unendliche gedehnten und überlaut dargebotenen Klangstrukturen wollen einladen, sich hinzugeben und forttragen zu lassen, verriet Michael Gira 2013 gegenüber dem Webmagazin Louder Than Bombs. So ist das nämlich und nur jene, die sich dem Klangerlebnis verweigern, müssen den Tinnitus fürchten. Oder verzichten auf Konzerte und legen sich einen Tonträger ins heimische Abspielgerät. "The Beggar" ist hervorragend geeignet.

Veröffentlicht wurde das Album bereits 2022 über die bandeigene Website unter dem Titel "Is There Really A Mind?" als Limited Edition mit den Demoversionen sämtlicher Songs, um aus den Verkaufserlösen die finale Albumeinspielung zu bewerkstelligen. Im Laufe der Coronapandemie mit ihren Lockdowns und sonstigen Kontaktbeschränkungen geriet Michael Gira existenziell in Bedrängnis, irgendeine Form der Finanzmittelgenerierung galt es zu erschließen.

Jetzt ist "The Beggar" nahezu doppelt so lang wie die Erstfassung und mindestens hundertmal facettenreicher. Das repetitive Element blieb erhalten, wird häufiger auf akustische Folkgitarren übertragen, vollzieht überraschende dramaturgische Wendungen und entwickelt sich bei "Los Angeles City of Death" aus einer konventionellen, nahezu hitverdächtig eingängigen Songform heraus. Bei "Michael Is Done" und "Ebbing" sind es das Glockenspiel beziehungsweise der Frauenchor, was den Reiz ausmacht.

Manchmal entfaltet der wegen Michael Giras Baritongesang zutiefst morbide Gesamtcharakter ein heiteres Leuchten oder kippt in comedyhaften Humor ähnlich zum Frontcover von "White Light From The Mouth Of Infinity" mit dem Hasen und der Möhre. Eine der kommunikativsten Albumveröffentlichungen aus dem vorläufigen Gesamtwerk der Swans. Bernd Gürtler/TM
 


Swans
"The Beggar"
(Mute; 23.6.2023)


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Konzerte
16.10.23 Hamburg, Kampnagel
03.11.23 Wien, Arena
18.11.23 Bochum, Christuskirche
21.11.23 Berlin, Admiralspalast

 

Foto: A Cyrillechoupas

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