|   Rezension

Alabaster DePlume

Come With Fierce Grace

(International Anthem)

Der Albumtitel bringt es auf den Punkt, "Come With Fierce Grace" ist von überwältigender Anmut. Die Menschheit konfrontiert mit grausamen Kriegen, den verheerenden Folgen des Klimawandels und erschütternden Flüchtlingsdramen. Alabaster DePlume, der bürgerlich Angus Fairbairn heißt und aus dem nordenglischen Manchester kommt, will dennoch nicht nachlassen Freude zu spenden. Wie er das hinkriegt? Dank einer Arbeitsmethode, die aus den Einspielsessions zum hochgelobten Vorgängeralbum "Gold" gleich eine zweite, qualitativ ebenbürtige Veröffentlichung hervorgehen ließ.

Gewöhnlich sind Materialüberhänge sogar aus Albumsessions, die wahre Überfliegerergebnisse erzielen, genau das, übriggebliebenes Material, nicht verwendet, weil nicht passend oder einfach nicht gut genug. Anders bei Alabaster DePlume, wenn er das Total Refreshment Centre bucht, ein Tonstudio im Londoner Nordosten. Die Versuchsanordnung dann so, dass seine Mitstreiter als Bassisten, Gitarristen, Saxophonisten, Cellisten, Schlagzeuger oder Sänger den Entfaltungsspielraum zugestanden bekommen, den es braucht, um das Bestmögliche zum Gesamtergebnis beitragen zu können.

Ein konstruktives Miteinander anstatt egozentrischer Selbstdarstellung, das ist sein Geheimnis. Konsequent als Gesellschaftsmodell angewendet, würde die Menschheit ihre Krisen um einiges besser bewältigen, ergibt in seinem Fall aber immerhin Unmengen großartiger Musik, ausreichend ohne Abstriche sowohl für "Gold" von 2022 als auch "Come With Fierce Grace" und bringt einen Free Jazz hervor, der ebenso frei wie kommunikativ wirkt, eine Wärme ausstrahlt ähnlich der rotgelben Blütenpracht auf dem von Raimund Wong entworfenen Albumcover. Das finale "Broken Again" erinnert entfernt an die Kölner Krautrockformation Can. Ein zauberhaftes Album, eines von den Notwendigen und jeden Pfifferling wert!
Bernd Gürtler/TM


Alabaster DePlume
"Come With Fierce Grace"
(International Anthem; 8.9.23)


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Foto: Chris Almeida

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