Der Albumtitel "Kimono My House" war dem Songtext zu "Hasta Mañana Monsigneur" entnommen und liefert eine der originellsten Umschreibungen dessen, was holde Weiblichkeit an Glanz in die Hütte des Mannes bringt; Kimonos gelten Japanern beiderlei Geschlechts als Kleidungsstück für besondere Anlässe.
Eher bedauernswert die Frauenfigur des Titelsongs zu "The Girl Is Crying In Her Latte" ein halbes Jahrhundert später. Kann in ihrer Wohlstandsblase aus Myriaden von Kaffeevariationen nach Belieben auswählen, leider muss die Ärmste feststellen, dass das Glücksversprechen des schieren Überflusses ein Trugbild ist.
Und während sich "This Town Ain't Big Enough For Both Of Us" als Eröffnungssong zu "Kimono My House" sachte anschleicht, um den Höhepunkt der ans Westerngenre angelehnten Songhandlung mit Revolverschüssen aus dem Soundarchiv der BBC zu illustrieren, setzt "The Girl Is Crying In Her Latte" vom ersten Auftakt an seine Duftmarke.
Einflüsse aus Elektro und Disco, erstmals prominent verarbeitet 1979 unter Anleitung von Georgio Moroder auf "Nº 1 In Heaven", drehen nach "Veronica Lake", einer Hommage an gleichnamige Hollywood-Diva der vierziger Jahre, beim übernächsten "Escalator" endgültig vom Schroffen ins Verwegene. Zuhause im Grenzland zwischen Experiment und Eingängigkeit, Kunst und Kommerz, finden die Sparks im Spätherbst ihrer Karriere heim zu sich selbst. Kompliment!
Bernd Gürtler/TM
Sparks
"The Girl Is Crying In Her Latte"
(Island/Universal; 26.5.2023)
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