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Suzi Quatro: The Wild One

Nach wie vor ist es ein Gegenstand leidenschaftlicher Expertendebatten, wer die erste namhafte Rockfrau war. An Kandidatinnen besteht kein Mangel, aber Suzi Quatro hat eindeutig die Nase vorn, wenn als Kriterium gilt, wer als erste, wie es die Onlineplattform AllMusic.com ausdrückt, "looked as tough as the guys" und nicht bloß Sängerin einer Band gewesen ist wie Janis Joplin bei Big Brother & Holding Company oder Grace Slick bei Jefferson Airplane, sondern sowohl selbst Sängerin als auch Chefin der eigenen Band war und das obendrein mit der Bassgitarre als Hauptinstrument ihrer Wahl!

Eigentlich erstaunlich und dann doch wieder nicht, dass ausgerechnet einer jungen Frau aus Detroit, Michigan das Wagnis gelingen sollte. Die Automobilmetropole im Rust Belt der Vereinigten Staaten, seit den vierziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts ähnlich Chicago massiv Anlaufpunkt für schwarze Bluesmusikanten aus den amerikanischen Südstaaten, bildete mit ihren derben Kick-Ass-Rock'n'Roll von MC5, Mitch Ryder & The Detroit Wheels oder den The Stooges von Iggy Pop einen Gegenpol zu New York mit seinen von der dortigen Kunstszene geprägten Velvet Underground beziehungsweise den kiffenden Hippieschlaffies in San Francisco. Wer sich in Detroit behaupten wollte, noch dazu als Frau, musste tough sein.

Suzi Quatro brachte von Haus aus die besten Voraussetzungen mit. Vater Al Quatro, Mitglied einer lokalen Jazzcombo, holte Tochter Suzi bereits in jungen Jahren als Perkussionistin dazu und ließ sie gemeinsam mit ihren Geschwistern unter dem Eindruck der Beatles später eigene Rockbands gründen, wovon die Pleasure Seekers die erfolgversprechendsten gewesen sind, 1969 konnten sie sogar einen Schallplattenvertrag mit Mercury Records an Land ziehen.

Als Suzi Quatro, inzwischen zum Bass gewechselt, 1971 auf ihren Entdecker Mickie Most trifft und mit ihm nach Großbritannien geht, war sie jedenfalls Profi genug, ihr eigenes Ding durchzuziehen. Was jetzt kaum weniger ein Gebot der Stunde war, denn das Vereinigte Königreich stand Anfang der siebziger Jahre ganz im Zeichen des Glamrock. Genau zu dieser Zeit verbucht Suzi Quatro mit "Can The Can", "48 Crash" und "Devil Gate Drive" ihre bekanntesten Hits, geschrieben die Songs sogar vom britisch-australischen Autorengespann Nicky Chinn/Mike Chapman, die auch Glamrocker wie The Sweet, Mud oder Smokie zu ihren Klienten zählen. Das Alleinstellungsmerkmal, durch das sie sich von allen anderen unterscheidet, wird ihr Bühnenoutfit. Statt Glamour und Glitzer, Plateausohlen und Federboa, trägt Suzi Quatro einen schwarzen Lederoverall.

"The Wild One", einer ihrer späten Hits ist ein ziemlich treffendes Selbstporträt von ihr als selbstbestimmter, unabhängiger Frau. "I'm a red hot fox/I can take the knocks/I'm a hammer from hell/Honey Can't you tell/I'm the wild one/Yes I'm the wild one", heißt es im Text. Und nicht, dass sich daran irgendetwas geändert hätte. Das aktuelle Album "No Control" (SPV) lässt zweifelsfrei wissen, wer hier Commander In Chief ist.

Eine repräsentative Werkschau bietet das Boxset "The Girl From Detroit City" (Cherry Red), inklusive sämtlicher Hitklassiker aus den Siebzigern.
Bernd Gürtler SAX 12/19 


Suzi Quatro
"The Girl From Detroit City"
(Cherry Red; 27.10.2014)


Suzi Quatro
"No Control"
(Steamhammer; 29.10.2019)


Suzi Quatro im Netz
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Foto: Stefan Brending
Foto: PR
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