|   Rezension

Ryley Walker

The Lillywhite Sessions

(Dead Oceans)

Nicht etwa dass Ryley Walker seine Vorbilder und Einflüsse möglichst verschweigt wie ein Großteil seiner Mitbewerber es gern tut, aus Furcht jemand könnte ihnen ihre Eigenständigkeit absprechen. Der gebürtige Amerikaner wählt genau den entgegengesetzten Weg und wirft mit Namen nur so um sich, nennt Coldplay und Van Morrison, Jackson Browne und Weezer, Led Zeppelin und Miles Davis, Pavement, Built To Spill und Sonic Youth.

Ein andermal erklärt er sich zum Wiedergänger von Tim Buckley oder beschreibt seine Wahlheimatstadt Chicago als riesigen Resonanzraum, der das Füllhorn seiner Referenzen angemessen in Schwingung versetzt. Wenig überraschend, dass mit Gastr del Sol, The Sea & Cake, Isotope 217 und Tortoise auch die jüngere Musikantenavantgarde der Windy City zu seinen Helden zählt. Obwohl er sich auf dem Vorgängeralbum "Deafman Glance" daran versucht, liegen ihm die rhythmischen Vertracktheiten von Tortoise weniger als komplexe Harmonien und Melodieverflechtungen, wie sie formvollendet im Rahmen der "The Lillywhite Sessions" entstanden sind. Durchweg unter Verwendung von Fremdmaterial kurioserweise. Sämtliche Songs gehören zu einem verworfenen und im Anschluss geleakten Album der Dave Matthews Band. Unter Aufsicht von Produzentenlegende Steve Lillywhite wurde das Material zu etwas geformt, das Rockliebhaber begeistern dürfte, die Musikhören zumindest gelegentlich als Denksport begreifen.
Bernd Gürtler/TM


Ryley Walker
"The Lillywhite Sessions"
(Dead Oceans; 16.11.2018)


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