|   Rezension

Khruangbin

A La Sala

(Dead Oceans/Cargo)

Der Albumtitel kommt aus dem Spanischen und Bassistin Laure Lee verrät im Presseinfo des Schallplattenlabels, sie habe als Kind immer "a la sala" gerufen, wenn sie wollte, dass sich die Familie im Wohnzimmer versammelt. Von der Grundintention her war auch Khruangbins viertes, reguläres Studioalbum als gemeinschaftsstiftendes Ereignis gedacht, zur Selbstvergewisserung, ob die gemeinsamen Nenner nach dem überwältigenden Erfolg im Windschatten von "Mordechai" aus dem Jahr 2020 fortbestehen. Was soll man sagen, die Trioformation bleibt sich treu in ihrem unnachahmlichen Wohlfühlsound mit Botschaft.

Um im Bilde zu bleiben, müsste sich als nächstes die Frage anschließen, wie es eingerichtet ist, das Wohnzimmer der Band. Übersichtlich würde einem spontan in den Sinn kommen, besser noch unaufdringlich. Die meisten Stücke sind größtenteils oder komplett instrumental angelegt. Sofern doch Gesang vorkommt, ist die Stimme bis zur Unverständlichkeit in den Hintergrund gemischt. Wer unbedingt wissen will, worum es geht, muss wohl oder übel zur Textbeilage greifen.

Die Machart ließe sich mühelos als Edelmuzak für eine gestresste Großstadtklientel von Besserverdienern abtun, wären da nicht Khruangbins Personalkonstellation beziehungsweise Begleitvideos zu Songs ihrer Alben. Laura Lee Ochoa, wie sie bürgerlich heißt, ist die Tochter mexikanisch-amerikanischer Eltern, spricht Thai und teilt eine Vorliebe für afghanische Folklore mit dem Gitarristen Mark Speer, einem Weißen, dessen populärmusikalische Sozialisation bei Grandmaster Flashs "The Massage" ihren Anfang nahm. Konventionellen Rock lehnt er ab und versucht stattdessen harmonische oder klangliche Eigenarten solcher exotischen Instrumente wie der äthiopischen Krar, der türkischen Saz oder der westafrikanischen Djembe in seine Spielweise einfließen zu lassen. Donald 'DJ' Johnson als Dritter im Bunde steuert an seinem Schlagzeug Breakbeats des HipHop bei.

Zusätzlich zum eigenen, vorläufigen Gesamtwerk aufgelaufen sind die EP "Texas Sun" mit dem schwarzen Gospelsoulsänger Leon Bridges sowie das Vollelängealbum "Ali" mit Vieux Farka Touré aus Mali. Kaum überraschend also, wenn sich im Videoclip zu "A Love International" von "A La Sala" zwei Kinder unterschiedlicher Herkunft und Hautfarbe unbefangen begegnen wie Menschen einander überall begegnen sollten oder die Animation zu "May Ninth" den ewigen Kreislauf des Lebens illustriert, entsprungen jeweils einem in der graphischen Darstellung weiblich zu lesenden Samenkorn. Und das alles von Houston aus, ihrer texanischen Heimatstadt am Golf von Mexiko, die eher weniger für interkulturelle Mustergültigkeit bekannt ist. Respekt, Khruangbin sind ohne Vergleich!
Bernd Gürtler/TM


Khruangbin
"A La Sala"
(Dead Oceans/Cargo; 5.4.24)


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Konzerte
17.07.24 Wien, Stadt Open Air
24.07.24 Luzern, Luzern Live
07.11.24 Berlin, Tempodrom
12.11.24 Zürich, Halle 662
 

Foto: David Black

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