Dass sie sich mit keinem gemeinmachen wollten, egal wer es sei, war von Anbeginn beschlossene Sache. Wire gingen 1976 aus dem Londoner Punkunderground hervor, spielten einen Rock, der durchaus als Punk durchging, aber nie so ganz zum Pogotanzen taugen wollte. Entweder sind die Songs schlicht zu kurz gewesen, brachen unvermittelt ab oder entsprachen aus anderen Gründen nie wirklich dem Schema. Das Intro zu "Three Girl Rhumba" verarbeiteten Elastica später zu ihrem Hitsong "Connection". Einen eigenen, individuellen Sound fanden Wire beim klaustrophobischen "I Should Have Known Better" 1979 von "154", das zusammen mit seinen beiden Vorgängeralben "Pink Flag" und "Chairs Missing" längst als Klassiker gilt. Wie die meisten Rockbands, die über Jahre hinweg bestehen bleiben, sind Wire von aktuellen zeitgenössischen Strömungen beeinflusst gewesen. "Drill" zum Beispiel nutzt Rhythmusmaschinen und ähnliches elektronisches Equipment, wie es damals, 1991, seinesgleichen sucht. "Mind Hive" erinnert beim vorab ausgekoppelten "Cactused" sehr an das Gitarrenspiel, den Gesang, die gesamte Formsprache der frühen Tage. Zum Ende hin überwiegt eine psychedelische Färbung, die sich bereits 2010 auf "Red Barked Tree" Gehör verschafft und an die frühen Tage einer ihrer Vorbildbands, Pink Floyd nämlich, erinnert. Ein hörenswertes Album wieder, offene Ohren vorausgesetzt.
Bernd Gürtler/TM
Wire
"Mind Hive"
(Pink Flag; 24.1.2020)