Londons junger, urbaner Jazz will eher dem Unterhaltungsbedürfnis eines ebenso jungen Publikums entgegenkommen, anstatt Hörerschaften gewinnen zu wollen, die sich vorzugsweise in kennerhaften Fachsimpeleien ergehen. Eine Entwicklung, die gewandelten Rahmenbedingungen für Kneipenmusik in der britischen Kapitale geschuldet ist und ihre ziemlich erste Tonträgerheimstatt auf "We Out Here" fand, einer Compilation, veröffentlicht 2018 von DJ, Radiomoderator, Festivalkurator und Schallplattensammler Gilles Peterson auf seinem eigenen Label Brownswood Recordings.
Vertreten neben Ezra Collective sowie Nubya Garcia, die wenig später bei den kurzlebigen Nérija auf Sheila Maurice-Gray treffen wird, sind Kokoroko mit "Abusey Junction". Das knapp siebenminütige, meditative Wechselspiel zwischen Gitarre und Blechbläsern, inspiriert vom gleichnamigen Kosmetikshop im Stadtzentrum von Bureng, Gambia, avanciert augenblicklich zum Überfliegerhit. Das Debütalbum heißt "Could We Be More" und erscheint 2022. Dort wie jetzt auf "Tuff Times Never Last" ist eine Heiterkeit präsent, die dem Bewusstsein entspringt, dass Heiterkeit zumeist aus tiefster Betrübnis herrührt.
Sämtliche Bandmitglieder könnten sicherlich manches berichten, wegen ihrer Hautfarbe und dem, was in ihren afrikanischen Herkunftsländern geschieht. Aber, wird Onome Edgeworth vom britischen Musikmagazin Spin zitiert, "We tour so much, so you want it to be fun. When all your songs are so serious and intense, you miss out on enjoying sometimes." Damit vollkommen im Einklang der Albumtitel "Taff Times Never Last", das Albumcover mit seinem knallbunten Farbenrausch und gleichermaßen der Bandname. Kokoroko ist dem Urhobo entlehnt, einer westafrikanischen, vorrangig im Süden Nigerias gesprochenen Sprache, und bedeutet so viel wie "be strong" oder "hard to break". Genau jenes positive Denken, das die Welt jetzt braucht.
Bernd Gürtler/TM
Kokoroko
"Tuff Times Never Last"
(Brownswood; 11.7.25)
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