|   Rezension

Sorry

925

(Domino)

Sobald in "Rock'n'Roll Star" die Textzeile "You're pure silver 925/I'd do anything just to feel alive/With you" aufscheint, dürften zumindest Edelmetallexperten und Modeschmuckkenner in die Lage versetzt sein, sich an der Ausdeutung des Albumtitels zu beteiligen. Silver 925? Richtig, das ist das weniger reine, mit Kupfer gestreckte Sterlingsilber. Eine Legierung mit anderen Worten oder Mischform im weitesten Sinne, ähnlich dem, was Asha Lorenz und Louis O'Bryen aus London mit ihrer Band Sorry anstreben. Das Webmagazin Loud & Quiet fand für ihren Sound den nicht unpassenden Stilbegriff Bedroom Grunge.

Asha und Louis kennen sich noch aus der Schule. Sie, ein ziemliches Großmaul, hänselt ihren eher schüchternen Banknachbarn auf unschöne Art. Bis die beiden in einen Wettbewerb eintreten, wer die originelleren Popsongeigenkreationen bei Soundcloud einstellt und sie sich schließlich fragen, wie sinnvoll es wohl wäre, ihre Kräfte zu bündeln. 2017/18 erscheinen "Home Demo/ns Vol. 1+2", zusammengestellt aus diversen Songskizzen, gefolgt 2020 vom Albumdebüt "925". Das eröffnende "Right Round The Clock", mit Referenzen ans "Mad World" der Tears For Fears, stellt umgehend klar, dass es hier nicht um konventionelles Songschreiben sondern Strukturschaffung und Klangschichtung geht.

Obwohl sie sich für Liveauftritte um Schlagzeuger Lincoln Barrett und Campbell Baum am Bass zum Quartett erweitern, sind Sorry nicht wirklich eine Band. Ihre Songs entstehen daheim im Wohnzimmer am Laptop und wollen eher Atmosphäre erzeugen, als eine Aussage treffen. Louis O'Bryens Gitarre ist nicht das Hauptinstrument, sondern eine Klangfarbe unter vielen, und die Songtexte unterstreichen die Atmosphäre sogar dann, wenn Asha Lorenz wie im finalen "Lies (Refix)" bedeutungsschwer singt, "These days I just can’t keep it together/And I feel like I’m lighter than a feather/And life feels like it’s just based on weather/And I make lies like we should be together".

Kein Zufall also, dass (Sandy) Alex G als wichtiges Vorbild gilt. Sorrys Schallplattenvertrag mit Domino Records musste ausdrücklich die Klausel enthalten, dass sie gemeinsam mit dem Champion der amerikanischen Laptoprocker auftreten dürfen. Ob sie jemals selbst zu Rockstars heranwachsen, scheint fraglich. Dafür fehle ihnen der Ehrgeiz, erzählen sie jedem, der es wissen will. Umso entschlossener wird an der visuellen Umsetzung der Songs gearbeitet. Sehenswert fast jeder ihrer Videoclips!
Bernd Gürtler/TM


Sorry
"925"
(Domino; 27.3.2020)


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Foto: Dan Kendall

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