|   Rezension

Robert Finley

Black Bayou

(Easy Eye Sound/Concord)

Das Bayou, dem sich der Albumtitel verdankt, entspricht rein gar nicht der Sumpflandschaft, die den meisten vom Mündungsdelta des Mississippi River geläufig sein dürfte und auch John Fogarty als sagenumwobenen Sehnsuchtsort im Sinne hatte als er Creedence Clearwater Revival Songs wie "Born On The Bayou" ins Stammbuch schrieb. Robert Finleys Black Bayou liegt im Norden von Louisiana an einem der Zubringerflüsse des Mississippi zirka fünfzig Meilen Luftlinie von seiner Heimatstadt Bernice entfernt und ist für ihn nach wie vor mit Kindheitserinnerungen besetzt, um die ihn kaum jemand beneiden wird.

Gestartet im Gospelchor seiner Südstaatengemeinde, hofft Robert Finley schon als halbwüchsiger Steppke auf eine Musikerkarriere. Leider vergebens, stattdessen mit sechzehn Eintritt in die US-Armee, er wird dem Technikpersonal einer Hubschrauberstaffel zugeteilt, nach Westdeutschland abkommandiert und mit der Leitung einer Militärkapelle betraut. Zurück in den Vereinigten Staaten heiratet Robert Finley, hat Kinder, findet Arbeit als Zimmermann. Sein Brotjob, der halbwegs ein Auskommen garantiert, erledigt sich, nachdem ein Grüner Star ihm das Augenlicht mehr oder weniger vollständig raubt.

Der Sprung ins professionelle Musikgeschäft gelingt doch noch mit Anfang sechzig Dank Timothy Duffys Music Maker Relief Foundation. Robert Finley damals geschieden und obdachlos, zuvor war sein Haus, dann sein Wohnwagentrailer abgebrannt. 2016 erscheint das "Age Don't Mean A Thing" betitelte Debütalbum, gefolgt von "Goin' Platinum", "Sharecropper's Son" sowie im Herbst 2023 "Black Bayou", wo es richtig interessant wird.

Ohne dass Robert Finley von sich behaupten würde, der alleinige Kreativkopf zu sein, im Presseinfo des Schallplattenlabels zu "Black Bayou" lässt er ausrichten, er habe gesungen, die anderen gespielt. Entsprechend akkurat aufgeteilt nach Prozenten die Autorencredits zwischen ihm und seinen Hauptstudiomitstreitern Dan Auerbach, Kenny Brown, Eric Douglas und Patrick Carney.

Das Ergebnis aber eben schlicht umwerfend. "Livin' Out A Suitcase" über die Abenteuerlichkeiten des Tourneelebens ist funky James Brown, "Sneakin' Around" ein Wiedergänger von Booker T & The MGs, "Gospel Blues" stilistisch genau das und erzählt laut dem britischen Mojo Magazine vom "battle between a man with his heart set on entering Heaven and hanging out with the great Jehovah". Protagonist des am Soul von Otis Redding orientierten "Nobody Wants To Be Lonely" ein alter Mann, den die Familie ins Seniorenheim abschiebt. "Waste Of Time" lässt sich als Klage über die Chancenungleichheit deuten, der sich Amerikaner schwarzer Hautfarbe nach wie vor gegenübersehen. Und das finale "Alligator Bait" handelt davon, wie sein Großvater ihn bei der Alligatorenjagd im Black Bayou als Köder benutzte. Dem Knaben geschah kein Leid, trotzdem reichlich spooky der Song. Das Album ein farbiges Mosaik amerikanischer Südstaatenklänge, angereichert mit Geschichten, wie nur Robert Finley erzählen kann.
Bernd Gürtler/TM


Robert Finley
"Black Bayou"
(Easy Eye Sound/Concord; 27.10.23)


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