|   Rezension

Gang Of Four

Happy Now

(Gill Music Ltd.)

Das Referenzalbum zu Gang Of Four bleibt ihr mehrfach wiederveröffentlichtes und rundum ausgedeutetes Debütalbum "Entertainment!" von 1979. Diverse Literaturquellen besagen, dass "Ether" von IRA-Häftlingen in britischen Gefängnissen handelt, "5.45" von Terroranschlägen in Lateinamerika erzählt und wie Medien darüber berichten, "At Home He's A Tourist" der Working Class und ihrer trostlosen Alltagswelt gewidmet ist.

"Anthrax" hinterfragt das etablierte Zweisamkeitsmodell zwischen Mann und Frau, sehr erfrischend auch das als Single nachgeschobene "It's Her Factory" über die offenbar nicht aussterbende Sorte Ehemann, der daran gelegen ist, dass die Gattin kein eigenes Erwerbsleben beginnt, sondern sich bevorzugt Heim und Herd widmet. Song für Song eine Auseinandersetzung mit relevanten Gesellschaftsthemen, in der Regel ohne das mit konkreten Ereignissen oder namhaften Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu verknüpfen. Jahrzehnte galt das als ehernes Prinzip, diktierte der amtierende Bandchef Andy Gill Anfang 2019 dem Orange County Register in den Notizblock. Donald Trump und dessen Sippschaft jedoch "are providing so much entertainment it would be foolish, it would be rude, not to take note”. Zweimal wird ordentlich hingelangt auf "Happy Now". "Ivanka: My Name's On It" ist ans Töchterchen gerichtet, "Alpha Male" an die Adresse des werten Herrn Papa. Dass einem beim Hören die im Albumtitel ausgewiesene gute Laune nicht umgehend wieder verlässt, dafür sorgt der facettenreiche, heiter hergerichtete Elektropop. Vorbei die Zeiten der schroffen Gitarrenriffs, jetzt werden Depeche Mode und Pet Shop Boys auf extravagant gebürstet.
Bernd Gürtler/TM


Gang Of Four
"Happy Now"
(Gill Music Ltd; 17.5.2019)


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