Ob es daran lag, dass es zur selben Zeit zu viele gab wie ihn, junge Amerikaner, die mit Gitarre und wortstarker Songpoesie den Übelständen ihres Heimatplaneten zu Leibe rückten, gegen den Krieg in Vietnam, gegen Rassenhass, gegen Umweltvernichtung ansangen? Oder blieb dem Enkelsohn eines San Franciscoer Geigenbauers und praktizierenden Musikers von Kindesbeinen deshalb breitere Anerkennung verwehrt, weil er dank des nach William Fulbright benannten Auslandsstipendiums bei Gofreddo Petrassi in Rom Komposition studieren konnte und in Europa blieb, um der Einberufung zur US-Armee zu entgehen?
Nächste Hauptanlaufstelle wird London, wo Marc Bolans T. Rex und David Bowie im Begriff sind, Weltruhm zu erlangen, nach Kräften unterstützt von Produzentengenie Tony Visconti. Wohl weil ebenfalls Exilamerikaner, verschafft er Tucker Zimmerman Studiojobs als Sessiongitarrist und betreut dessen Debütalbum, das 1969 erscheint und in der Besetzungsliste Rick Wakeman sowie Terry Cox von Pentangle führt.
Dummerweise verläuft sich "Ten Songs" im Sande, Tucker Zimmerman zieht weiter nach Belgien, das Herkunftsland von Ehefrau Marie-Claire, eröffnet in der Gegend von Liège ein Tonstudio und hört nicht auf, Songs zu schreiben. Nach einem Dutzend weiterer, wiederum kaum beachteter Albumveröffentlichungen sind immer noch schlappe fünfhundert Songs übrig. Zehn davon finden sich auf "Dance Of Love", eingespielt mit Big Thief, deren Sängerin Adrianne Lenker zu seinen glühendsten Verehrern zählt. Bei der Songauswahl legte Tucker Zimmerman Wert auf "a positive message and a peaceful vibration. Just poetry" sollte es sein, "little hums that perhaps might lift us all above our daily worries and fears, little hums that try to make the world a better place to live in." Nichts weniger als das ist vollbracht und die Resonanz diesmal überwältigend! Dreiundachtzig Lebenslenze zählt Tucker Zimmermann inzwischen.
Bernd Gürtler/TM
Tucker Zimmerman
"Dance Of Love"
(4AD/Beggars; 11.10.24)
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