Wenn die Pandemie zu etwas gut war, überlegt Thorsten Quaeschning zugeschaltet per Telefon, dann dass sich die Albumeinspielung von "Raum" sorgfältiger vorbereiten ließ. "Wir konnten keine Konzerte geben, der Umgang mit anderen Menschen war stark eingeschränkt. Eine Fokussierung auf reine Studioarbeit, das war die Idee hinter dem Album. Übersetzen lässt sich der Albumtitel mit 'Room' oder 'Space', mit 'Raum schaffen' oder 'Raum geben'" und sollte zugleich an berühmte Alben der Vergangenheit wie "Atem" oder "Zeit" anknüpfen.
"Continuum", der Eröffnungssong zu "Raum", dient Konzerttourneen der Nachcoronazeit jetzt als Leitmotiv. Beständigkeit gehört zu Tangerine Dreams vornehmsten Eigenschaften, auch nach dem Tod von Bandgründer Edgar Froese im Jahr 2015, versichert der amtierende künstlerische Leiter Thorsten Quaeschning. "Es geht immer weiter mit der Band, die inzwischen achtundfünfzig Jahre besteht."
Dass "Atem", "Zeit" oder gar "Alpha Centauri" und "Electronic Meditation" Konzertaufführungen erleben werden, bezweifelt er. "Das sind Ad-libitum-Momente im Studio gewesen, um Atmosphäre zu schaffen, und Atmosphäre reproduzieren zu wollen, finde ich nicht richtig." 2015 sei die Entscheidung gefallen, wenn Rückgriffe in die Geschichte, dann auf Material aus der dann schon sequenzergestützten Ära ab 1974. "Wir spielen Stücke von 'Phaedra', 'Rubycon', 'Stratosfear', manchmal auch von 'Tangram' oder 'White Eagle'. Aber nichts aus den Neunzigern, das trifft nicht unseren Geschmack."
Entstanden sind Tangerine Dream zu einer Zeit, als eine Band dieser Ausprägung buchstäblich in der Luft lag. Wie ist es um ihre Relevanz heute bestellt? "Das Konzept ist nicht an die Menschen gebunden, die es ausführen, und es gibt immer noch einiges zu sagen, gerade durch elektronische Musik in Langformen. Populärmusik ist heutzutage meist nicht länger als drei, dreieinhalb Minuten. 'Raum' enthält zwei Stücke von knapp fünfzehn beziehungsweise zwanzig Minuten. Wir finden es schön, sich Zeit zu lassen. Aktuell wird das selten angeboten. Präsent sind wir auch durch Soundtracks zu Spielfilmserien auf Netflix wie 'Stranger Things' oder 'Black Mirror'. Von uns stammen fünfunddreißig Stunden Musik zum Computerspiel 'Gta 5', davon wurden einhundertzweiundneunzig Millionen Einheiten verkauft, mehr als Michael Jacksons 'Bad' und 'But Seriously" von Phil Collins zusammen. 'Raum' gelang der jemals beste Chartseinstieg eines Tangerine-Dream-Albums. Das ging sofort auf Platz neununddreißig, 'White Eagle' damals auf einundvierzig. Wir sind immer noch da und freuen uns, wenn wir für unser Publikum spielen können."
Bernd Gürtler/TM
Tangerine Dream
"Raum"
(Kscope; 25.2.22)
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Konzerte
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23.04.25 Neunkirchen, Neue Gebläsehalle
24.04.25 Düsseldorf, Tonhalle
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27.04.25 München, Isarphilharmonie
28.04.25 Dresden, Kulturpalast
01.05.25 Berlin, Admiralspalast